- Das türkische Parlament hat grünes Licht für eine mögliche Militärintervention im Bürgerkriegsland Libyen gegeben.
- Eine Mehrheit von 325 Abgeordneten billigte in Ankara ein Mandat, das es Präsident Recep Tayyip Erdogan ein Jahr lang erlaubt, türkische Soldaten nach Libyen zu schicken.
- Erdogan will damit die international anerkannte Regierung unter Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch in Tripolis stützen. Die liefert sich einen Machtkampf mit dem einflussreichen General Chalifa Haftar.
Erdogan ist nun berechtigt, über «Grenze, Ausmass, Menge und den Zeitpunkt» der Entsendung zu entscheiden, «um militärische Operationen und Interventionen durchzuführen, falls nötig». Wann Erdogan die Erlaubnis in Anspruch nehmen wird, war zunächst unklar.
Eine Zustimmung war erwartet worden, da Erdogans islamisch-konservative AKP in der Regierungsallianz mit der ultranationalistischen MHP im Parlament eine Mehrheit hat. Ein Grossteil der Opposition kritisierte das Vorhaben scharf. Es handle sich um ein «unsinniges und gefährliches Abenteuer», sagte der stellvertretende Parteivorsitzende der grössten Oppositionspartei.
«Bedrohte türkische Interessen»
In Libyen herrscht Chaos seit dem Sturz von Langzeitherrscher Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011. General Chalifa Haftar kontrolliert mit seiner selbst ernannten Libyschen Nationalarmee (LNA) Gebiete im Osten des Landes, will aber die Macht über das ganze Land. Im vergangenen Jahr hatte er einen Angriff auf Tripolis begonnen, wo die Regierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch sitzt. Al-Sarradsch wird von der UNO unterstützt – Haftar unter anderem von Russland, Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Erdogan hatte vergangene Woche gesagt, al-Sarradsch habe um eine Entsendung von Truppen gebeten, man könne ihn so wirksamer unterstützen. In der nun erteilten Erlaubnis heisst es zur Begründung eines möglichen Einsatzes unter anderem, die sich verschlechternde Lage in Libyen bedrohe auch die Interessen der Türkei im Mittelmeerraum und Nordafrika.
Libyen-Konferenz in Berlin
Der Türkei geht es neben regionalem Einfluss auch um Rohstoffe in der Region. Al-Sarradsch und Erdogan hatten schon im November zwei umstrittene Abkommen unterschrieben: Eines zur militärischen Zusammenarbeit, das unter anderem eine Entsendung von Ausbildern vorsieht. Mit einer zweiten Vereinbarung legten die Türkei und Libyen Seegrenzen im Mittelmeer fest – ohne Einverständnis anderer Anrainerstaaten. Die Türkei erhebt damit Anspruch auf ein Gebiet, in dem reiche Erdgasvorkommen vermutet werden.
Erdogan hatte bei seiner Neujahrsansprache gesagt, mit den Vereinbarungen seien «Projekte, die darauf abzielten, die Türkei vollständig aus dem Mittelmeerraum auszuschliessen», vereitelt worden. Deutschland plant für Anfang des Jahres eine Libyen-Konferenz in Berlin, um die wichtigsten internationalen Akteure an einen Tisch zu bringen. Putin wird kommenden Mittwoch zu einem Besuch in der Türkei erwartet. Moskau und Ankara vertreten nicht nur in Libyen, sondern auch in Syrien unterschiedliche Positionen.