Die Parlamentswahlen vom Wochenende bringen Finnland einen Regierungswechsel. Gewonnen haben hauchdünn die Sozialdemokraten, deren Vorsitzender Antti Rinne nun eine Regierung bilden muss. Die zweitstärkste Kraft, die rechtskonservativen «Finnen», werde er wohl zu umgehen versuchen, sagt SRF-Nordeuropa-Mitarbeiter Bruno Kaufmann.
Mit 40 von 200 Sitzen brauchen die Sozialdemokraten mindestens zwei Partner für eine stabile Regierung. Wie geht das?
Tatsächlich hat in Finnland erstmals keine der grossen Parteien mehr als 18 Prozent der Stimmen gemacht. Allerdings ist man sich historisch gewohnt, über die Blockgrenzen hinweg zusammen zu regieren. Die letzten vier Jahre mit einer rechtsbürgerlichen Regierung bildeten eine Ausnahme. Jetzt werden die Sozialdemokraten wohl versuchen, den Konservativen die Hand auszustrecken und sicherlich auch die Grünen mit ins Boot zu holen.
Die ‹Finnen› sind an der Regierungsbeteiligung der letzten vier Jahre zerbrochen. Die Erfahrungen sind also nicht die besten.
Kommt die zweitplatzierte rechtspopulistische Partei «Die Finnen» als Regierungspartner nicht infrage?
Eventuell schon. Die Sozialdemokraten und «Die Finnen» ticken in vielen sozialstaatlichen Fragen ziemlich ähnlich, und auch die Wählerschaft ergänzt sich. Aber von sozialdemokratischer Seite wurde erklärt, man möchte am liebsten nicht mit den «Finnen» zusammen regieren, sondern mit den anderen Parteien. Das dürfte also kaum infrage kommen – auch vor dem Hintergrund, dass die «Finnen» in den letzten vier Jahren in der Regierung waren und daran zerbrachen. Die Erfahrungen sind also nicht die besten.
«Die Finnen» haben ihre Sitzzahl verdoppelt und sind jetzt zweitstärkste Partei. Ist das auch ein Signal für die Europawahlen im Mai?
Es ist sicher ein Signal, dass die Rechtspopulisten in Finnland wirklich Fuss gefasst haben. Hier muss aber ein bisschen relativiert werden. Vor vier Jahren holten die «Finnen» bei den letzten Parlamentswahlen sogar noch ein bisschen mehr Stimmen. Es kam dann nach etwa zwei Jahren zur Spaltung. Jetzt ist man wieder dort, wo man vor vier Jahren gestanden ist. Aber es ist klar: Die «Finnen» gehören zu den wichtigsten und grössten Parteien in Finnland.
Ein stärkeres Lager rechts aussen wie auch auf der linken und grünen Seite und Verluste in der Mitte. Was heisst diese Polarisierung für das Land, das Mitte Jahr die EU-Präsidentschaft übernimmt?
Finnland ist zu einem europäischen Land geworden. Man sieht in ganz Europa zwei Kräfte, die Stimmen holen. Das ist auf die grüne Seite mit der Klimapolitik und der Drohkulisse der globalen Erwärmung. Auf der anderen Seite feiern die Rechtspopulisten und nationalkonservativen Parteien Erfolge, die mit der Migration drohen. Genau diese beiden Themen haben auch den Wahlkampf in Finnland mitbestimmt. Bei den Europawahlen wird es in dieser Richtung weitergehen. Gleichzeitig werden die Sozialdemokraten als stärkste Partei alles daran setzen, eine stabile Regierung hinzukriegen. Und das mit Blick auf den EU-Ratsvorsitz möglichst bald.
Das Gespräch führte Hans Ineichen