Wie geht es in Frankreich nun weiter? Das Bündnis Nouveau Front Populaire ist stärkste Kraft in der Nationalversammlung. Wen Präsident Emmanuel Macron in einem solchen Fall aber mit der Regierungsbildung beauftragt, ist nicht abzusehen. Trotz ihres Überraschungserfolgs bleiben die Linken weit von einer absoluten Mehrheit entfernt. Damit könnten die anderen Fraktionen eine linke Regierung nicht nur per Misstrauensvotum stürzen.
Keine absolute Mehrheit erreicht: Die vergangenen zwei Jahre, in denen das Macron-Lager nur eine relative Mehrheit hatte, haben gezeigt, wie schwer es in Frankreich ist, ohne absolute Mehrheit zu regieren. Ob dies den Linken besser gelingen würde, ist unklar, zumal sie noch über weit weniger Sitze verfügen dürften als Macrons Mitte-Kräfte vor der Auflösung der Nationalversammlung.
Die Parlamentswahlen in Frankreich in Bildern
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Bild 1 von 11. Frankreich wählt: Die vorgezogene Neuwahl wurde notwendig, nachdem der französische Staatspräsident Emmanuel Macron nach den Europawahl am 9. Juni das Parlament aufgelöst hatte. Bildquelle: Keystone/ANDRE PAIN.
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Bild 2 von 11. Nach Auszählung der Stimmen zeigt sich: Der Rechtsruck fällt schwächer aus als angenommen – in der neu gewählten Nationalversammlung wird voraussichtlich ein Linksbündnis stärkste Kraft. Bildquelle: Reuters/Yara Nardi.
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Bild 3 von 11. Premierminister Gabriel Attal zog erste Konsequenzen und kündigte seinen Rücktritt an. Bildquelle: Reuters/Guglielmo Mangiapane.
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Bild 4 von 11. Unklar ist, ob Staatschef Macron Attals Rücktritt annehmen und einen Linken zum Premier ernennen wird. Bildquelle: Reuters/MOHAMMED BADRA.
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Bild 5 von 11. In Städten im ganzen Land kam es in der Nacht bei Kundgebungen zu Ausschreitungen. Bildquelle: Keystone/LAURENT CIPRIANI.
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Bild 6 von 11. In Paris versammelten sich am Sonntagabend Tausende Menschen auf der Place de la République im Zentrum der Hauptstadt, um den Sieg des Linksbündnisses zu feiern. Bildquelle: Keystone/LOUISE DELMOTTE.
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Bild 7 von 11. Dabei geriet ein Teil der Demonstranten nach Medienberichten mit Ordnungskräften aneinander, die daraufhin Tränengas einsetzen. Bildquelle: Reuters/Yara Nardi.
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Bild 8 von 11. Frankreichs gespaltene Linke hatte sich erst vor kurzem zum Nouveau Front Populaire zusammengeschlossen. Streit gibt es innerhalb der Linken vor allem über die altlinke Führungsikone Jean-Luc Mélenchon. Bildquelle: Keystone/ANDRE PAIN.
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Bild 9 von 11. Linke und Macrons Mitte-Kräfte hatten vor der zweiten Wahlrunde eine Zweckallianz gebildet. Bildquelle: Keystone/MOHAMMED BADRA.
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Bild 10 von 11. Nach der ersten Wahlrunde vor einer Woche sahen Prognosen das RN noch knapp unter der absoluten Mehrheit und damit möglicherweise in der Lage, unter der prägenden Figur Marine Le Pen die nächste Regierung zu stellen. Bildquelle: Reuters/Sarah Meyssonnier.
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Bild 11 von 11. Eine Regierung der Rechtsnationalen mit Präsident Jordan Bardella scheint vorerst abgewendet. Deutlich zugelegt hat das RN dennoch. Bildquelle: Reuters/Sarah Meyssonnier.
Ist eine Mitte-Links-Koalition denkbar? Theoretisch ist auch eine Koalition aus Linken und Mitte-Kräften möglich. Aus dem Linksbündnis heraus kamen jedoch bereits klare Absagen an eine solche Allianz. Hierzu gibt es keine genauen Vorgaben.
Wer wird nun Premierminister? Der derzeitige Premier Gabriel Attal hat seinen Rückritt eingereicht. Als Präsident obliegt es Macron, den Premierminister zu ernennen. Noch ist nicht klar, ob er das Rücktrittsgesuch annehmen wird. Macron könnte mit der Ernennung eines Premiers auch bis nach der parlamentarischen Sommerpause warten. Wenn keines der politischen Lager zur Bildung einer Regierung in der Lage ist, kann Macron Premierminister Gabriel Attal trotz dessen Rücktrittsankündigung bitten, mit der aktuellen Regierung zunächst geschäftsführend im Amt zu bleiben. Diese Übergangszeit kann etliche Wochen dauern, auch mit Blick auf die Olympischen Spiele sowie die politische Sommerpause. Macron könnte dann eine aus Experten, hohen Verwaltungskräften und Ökonomen zusammengestellte technische Regierung bilden.
Wen sieht das Linksbündnis als Führungsperson? Das ist nicht klar. Das Linksbündnis hat die Führungsfrage bisher offen gelassen und auch kein gemeinsames Programm. Insofern ist noch nicht ausgemacht, welche Politik es umsetzen will, wenn es an die Regierung kommt. Fest steht aber, dass das Bündnis bis auf einzelne Teile am linken Rand klar proeuropäisch eingestellt ist und auch fest zur Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg steht.
Was kommt auf Macron zu? Da es bereits in den vergangenen zwei Jahren unter wesentlich klareren Machtverhältnissen nicht gelang, eine Koalition zu schmieden, wird Macrons bleibende Amtszeit möglicherweise eher aus dem Verwalten instabiler Verhältnisse und Stillstand in Frankreich bestehen. Innen- und aussenpolitisch wäre er geschwächt. Ob Macron noch etwas von seinem ursprünglichen Anspruch als Frankreichs Reformer und Verfechter eines starken Europas wird retten können, wird sich in den nächsten Tagen und Wochen zeigen.
Was bedeuten die Wahlen für das Rassemblement National? Obwohl ein Sieg der Rechtsnationalen bei den Parlamentswahlen verhindert wurde, verbucht die Partei von Marine Le Pen erhebliche Zugewinne in der Nationalversammlung. Sie ist dort stärker denn je vertreten. Damit wächst der Einfluss der Partei in der Parlamentsarbeit und sie erhält mehr Geld aus der Parteienfinanzierung, mit dem sie bereits die Vorbereitung der Präsidentschaftswahl 2027 und nächsten Parlamentswahl angehen kann.