Das Wichtigste in Kürze
- «Der Gesprächsprozess ist am Ende», teilte die nordirische Sinn-Fein-Chefin Michelle O'Neill mit.
- Irlands Aussenminister Charlie Flanagan rief beide Seiten auf, vor Ablauf der Frist am heutigen Montag an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Mit dem anstehenden Beginn der Brexit-Verhandlungen befände sich Nordirland in einer entscheidenden Phase.
- Auch für London kommt der weiter schwelende Konflikt in Nordirland zur Unzeit. Denn eine der kniffligsten Fragen um den Brexit wird die Zukunft der inneririschen Grenze sein. Und ohne funktionstüchtige Regierung in Belfast wären neue Streitpunkte vorprogrammiert.
Die politische Hängepartie in Belfast kommt auch für die britische Premierministerin Theresa May zur Unzeit. Kommende Woche will sie den Startschuss für die Brexit-Verhandlungen geben. Ohne nordirische Regierung wird die Suche nach einer Lösung für die drohende Spaltung der Insel schwer.
Einen Tag vor Ablauf der Frist für die Regierungsbildung in Nordirland hatte die katholisch-republikanische Sinn-Fein-Partei die Gespräche abgebrochen. Die Schuld dafür gab sie dem ehemaligen Koalitionspartner, der protestantisch-unionistischen DUP (Democratic Unionist Party), und der britischen Regierung. Nordirland drohen damit zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate Neuwahlen.
Bislang gab es wenig Anzeichen, dass Sinn Fein an einem Abkommen interessiert ist
«Der Gesprächsprozess ist am Ende», teilte die nordirische Sinn-Fein-Chefin Michelle O'Neill auf der Parteiwebseite mit. Sinn Fein werde vor Ablauf der Frist am heutigen Montag niemanden für die Posten der Parlamentssprecher oder Minister nominieren.
DUP-Chefin Arlene Foster gab den Schwarzen Peter zurück. «Bislang gab es wenig Anzeichen, dass Sinn Fein an einem Abkommen interessiert ist», sagte sie. Der irische Aussenminister Charlie Flanagan rief beide Seiten auf, vor Ablauf der Frist an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Mit dem anstehenden Beginn der Brexit-Verhandlungen befände sich Nordirland in einer entscheidenden Phase.
Vorgaben liegen klar auf der Hand
Dem Karfreitagsabkommen von 1998 und anderen Abmachungen zufolge müssen die jeweils stärksten Parteien aus beiden konfessionellen Lagern eine Regierungskoalition bilden.
Die bisherige Koalition zwischen Sinn Fein und der DUP zerbrach im Januar im Streit über ein aus dem Ruder gelaufenes Förderprogramm für erneuerbare Energien. Aus den darauf folgenden Wahlen am 2. März war Sinn Fein gestärkt hervorgegangen und konnte bis auf einen Parlamentssitz zur DUP aufschliessen.
Drohende Last für britische Regierung
Sollte sich Sinn Fein und DUP nicht doch noch bis zu Ablauf der Frist auf eine Regierungskoalition einigen, drohen Neuwahlen. Medien spekulierten auch, dass London die Kompetenzen der Regionalregierung vorübergehend an sich ziehen könnte.
Denn für die britische Regierung von Premierministerin May ist die Hängepartie in Nordirland eine Last, die sie nur ungern in die Brexit-Verhandlungen mitnehmen will. Am kommenden Mittwoch will May den geplanten EU-Austritt offiziell machen. Dann tickt die Uhr für die zweijährigen Austrittsverhandlungen. Eine der kniffligsten Fragen um den Brexit wird die Zukunft der inneririschen Grenze sein.
Brexit-Prozess benötigt funktionierende Regierung in Belfast
Da Grossbritannien den Europäischen Binnenmarkt und die Zollunion verlassen will, werden Grenzkontrollen zwischen dem britischen Landesteil Nordirland und dem EU-Mitglied Republik Irland fast unvermeidbar.
Doch das wäre ein herber Rückschlag für den Friedensprozess, der dem jahrzehntelangen Bürgerkrieg in Nordirland ein Ende gesetzt hat. Eine Lösung dafür zu finden, scheint ohne funktionierende Regierung in Belfast schwierig.