Frankreichs neuer Premierminister Manuel Valls holt die frühere Lebensgefährtin von Präsident François Hollande in seine Regierung. Ségolène Royal wird Umwelt- und Energieministerin. Politbeobachter hatten mit dem Comeback der sozialistischen Spitzenpolitikerin gerechnet.
Die 60-jährige Royal wird zum linken Flügel der Sozialisten gezählt und war Kandidatin im Präsidentschaftswahlkampf 2007. Bis zur Trennung im selben Jahr waren Hollande und Royal, die vier gemeinsame Kinder haben, fast drei Jahrzehnte ein Paar. Royal war bereits von 1992 bis 1993 Umweltministerin.
Für SRF-Korrespondent Ruedi Mäder ist die ehemalige Beziehung zwischen Hollande und Ségolène Royal auf rein persönlicher Ebene keine ideale Voraussetzung. Aber: «Die alten Wunden seien verheilt, heisst es.»
Ehemaliger Superstar
Ségolène Royal sei in Frankreich bestens bekannt, erklärt Mäder. Als Präsidentschaftskandidatin 2007 genoss sie «den Status eines Superstars», so Mäder. «Sie kann immer noch auf einen Sympathiebonus bei der Bevölkerung zählen. Mit dem Departement für Umwelt und Energie übernimmt sie nun ein sehr wichtiges Departement und soll den Atomausstieg auf den Weg bringen.»
Der neue Premierminister selbst stammt aus dem rechten Lager der Sozialisten, doch laut Mäder ist er darauf bedacht, auch den linken Flügel einzubinden. «Arnaud Montebourg vom linken Flügel wird zum Wirtschaftsminister befördert, das ist sehr bemerkenswert, weil Montebourg der EU immer wieder vorwarf, mit ihrem Sparkurs das Wachstum abzuwürgen.»
Zum Finanzminister wurde Michael Sapin ernannt. Laut Mäder entsteht dadurch zwischen Finanz- und Wirtschaftsministerium «gehöriges Konfliktpotential.» Aber: «Michael Sapin soll als Finanzminister Brüssel und die Börsen beruhigen. Arnaud Montebourg soll dafür sorgen, dass der linke Flügel zufriedengestellt ist.»
Hollande setzt auf Ausgleich
Der bisherige Finanz-und Wirtschaftsminister Pierre Moscovici gehört nicht mehr der Regierung an. Keine Änderungen gibt es im Aussenministerium (Laurent Fabius) und im Verteidigungsressort (Jean-Yves Le Drian).
Als Innenminister folgt Bernard Cazeneuve auf Valls. Die bisher 38 Mitglieder umfassende Regierung soll insgesamt verkleinert werden. Nicht mehr vertreten sind die Grünen. Sie wollten nicht in einem Kabinett unter Valls dabei sein, der zum rechten Flügel der Sozialisten gezählt wird.
Für den SRF-Korrespondenten Michael Gerber steht die neue Regierung für eine «Sowohl-als-auch-Politik», die Hollande gerne möge. «Er präsentiert uns mit Manuel Valls einen Premierminister, der klar am rechten Rand der Partei politisiert. Heute versucht er den Ausgleich und setzt zwei klar links positionierte Persönlichkeiten gegenüber», erklärt Gerber.