Was Stella Nyanzi besonders wütend macht, ist, dass Präsident Yoweri Museveni nicht zuhört. Nicht zuhören muss. Weil er seit 35 Jahren herrsche in Uganda, meint die Akademikerin. «Nur wenn ich sage: Fuck you, Museveni, dann hört er hin, fühlt sich angegriffen.» Und reagiert.
Stella Nyanzi sass bis vor kurzem im Gefängnis. 16 Monate lang, weil sie auf Facebook ein Gedicht über die Vagina von Musevenis Mutter veröffentlicht hatte. Nicht zum ersten Mal büsste Nyanzi für ihre Worte. Auch den Autokraten Museveni ein «Paar Pobacken» zu nennen, bezahlte die Aktivistin mit Gefängnis.
Einigen Uganderinnen und Ugandern ist Stella Nyanzis Protestform zu rüde. Doch für die Aktivistin sind Worte des Protests der einzige Weg, der im autokratischen Uganda übrigbleibt: «Wir können die Mächtigen in unserem Land nicht schlagen, wir können sie nicht einmal abwählen! Aber wir können über sie lachen.»
Am 14. Januar soll in Uganda gewählt werden. Nach fast 35 Jahren an der Macht tritt Yoweri Museveni auch dieses Mal an und zeigt im Vorfeld einmal mehr, dass er Opposition im Land nicht duldet: Im November töteten die Sicherheitskräfte mindestens 54 Menschen bei einer Oppositionsveranstaltung, Dutzende wurden in den letzten Wochen verhaftet.
Tod der Eltern als Motivation
Seit Jahren setzt sich Anthropologin Nyanzi für Menschenrechte ein. Zum Beispiel, als Uganda eine lebenslange Strafe für Homosexuelle einführen wollte. Als Netzaktivistin kämpft Nyanzi auch dagegen, dass die Regierung durch Steuern und Bewilligungen WhatsApp, Blogs und Facebook und somit die Meinungsfreiheit im Land einschränken will.
Doch als Aktivistin seien ihre Mittel beschränkt. Darum will sie nun in die Politik und kandidiert fürs Parlament. Diesen Entscheid ausgelöst hat der Tod beider Eltern innerhalb eines Jahres. Zuerst ihr Vater. Der Arzt hatte einen Herzinfarkt und starb, weil er keinen Zugang zu Medikamenten hatte: «Er wusste, welches Medikament er braucht, hatte das Geld, das Auto, um ins Krankenhaus zu fahren. Doch es waren keine Medikamente vorhanden.»
Ein Jahr später brach die Mutter zusammen. «Als wir die Ambulanz riefen, hiess es im Krankenhaus: Wir haben keine Ambulanz. Als wir endlich eine fanden, stand kein Fahrer zur Verfügung, und als endlich ein Fahrer bereit war, fehlte das Benzin.»
«Museveni muss weg»
Das Gesundheitssystem ist nicht das einzige, das nicht funktioniert in Uganda. Das Bildungswesen, ganz grundsätzlich die Demokratie. Und das alles, weil sich Präsident Yoweri Museveni seit fast 35 Jahren nicht darum kümmere. Solange er an der Macht sei, könnten Uganderinnen und Ugander ihre Rechte nicht in Anspruch nehmen.
«Darum muss Museveni gehen», so Stella Nyanzi. Die Uganderin klagt an, zeigt Machtstrukturen auf und das alles in klaren Worten, die sich oft wie ein Gedicht an einem Poetry Slam anhören. Ihre Worte werden gehört, die Opposition in Uganda erstarkt. Doch der Autokrat sitzt fest im Sattel – und hört das Volk nicht.