Seit Tagen streiten moderate und progressive Demokraten um die grossen Investitionsvorlagen, mit denen Präsident Joe Biden das Land modernisieren möchte. Zentrale Figuren im Widerstand gegen Bidens Pläne sind eine Senatorin und ein Senator vom rechten Flügel der demokratischen Fraktion: Kyrsten Sinema und Joe Manchin.
Gerne betont der heute 74-jährige Manchin seine einfache Herkunft. Zu Hause hätten klare Regeln gegolten: «Du sollst nicht fluchen, nicht trinken und nur, wer arbeitet, bekommt auch etwas zu Essen», erinnert sich Manchin in einem Porträt auf seiner persönlichen Homepage.
Aufgewachsen ist er in einer Kleinstadt im ländlichen West Virginia, einem der ärmsten und konservativsten Staaten, mit einer überwiegend weissen Bevölkerung.
In seiner Jugend arbeiteten die meisten im Kohlebergbau. Manchins Vater und Grossvater führten einen Krämerladen, wo der junge Joe mithalf. Das prägte später auch seine Politik. Er nennt sie: Krämerladen-Politik, «Retail Politics»: Kenne deine Kunden und stelle mit guten Produkten und Dienstleistungen sicher, dass sie zufrieden sind. Denn du überlebst nur, wenn deine Kundschaft zufrieden ist.
Gegen mehr Schulden
Anders als viele in der demokratischen Partei hält Manchin nichts vom «Green New Deal». Und grosszügige Regierungsprogramme sind ihm grundsätzlich ein Gräuel. Dass die Regierungen der letzten Jahre – demokratische und republikanische – immer mehr Geld ausgegeben haben und weiter ausgeben und der Schuldenberg anwächst, müsse aufhören.
Diesen Sommer gelang es ihm mit Parteikollegin Kyrsten Sinema und einigen Republikanern, die Infrastrukturvorlage auszuhandeln. Diese ist so zwar kleiner ausgefallen, als sich dies Präsident Biden und viele Demokratinnen gewünscht hätten. Aber es sei extrem wichtig gewesen zu zeigen, dass es noch möglich sei, über die Parteigrenzen hinweg gemeinsam Lösungen zu finden, betonte Manchin nach geglückter Abstimmung im Senat.
Lösungen, die von beiden Parteien mitgetragen werden, seien die besten Lösungen, sagt auch Sinema. Die Demokratin vertritt Arizona seit bald drei Jahren im Senat. Die 45-Jährige ist die zweitjüngste Senatorin in der demokratischen Fraktion – und die konservativste. In einem Interview mit einem Lokalsender stellte sie sich vor drei Jahren zwar als registriertes Mitglied der Demokraten vor, betonte aber zugleich ihre Unabhängigkeit.
McCain – Sinemas Held
Diese Abgrenzung zur eigenen Partei ist einer der Gründe, weshalb es Sinema 2018 gelang, als Demokratin im bis dahin eher den Republikanern zugeneigten Arizona zur Senatorin gewählt zu werden. Dabei betont sie immer wieder, dass der vor drei Jahren verstorbene republikanische Senator John McCain ihr Held sei.
McCain, der ebenfalls aus Arizona stammte, habe sich nie der Parteilinie untergeordnet. Er habe stets den Kompromiss gesucht und sei seinen Überzeugungen treu geblieben, selbst wenn diese unpopulär gewesen seien. Sinema, Triathletin und bekennende Bisexuelle, bezeichnete sich in einem ihrer seltenen Interviews als «Happy Warrior», als eine, die unbeirrbar ihren Weg geht und hart arbeitet.
Anders als der leutselige Manchin meidet Sinema aber Fernsehkameras und Journalisten-Mikrofone. Zu den Gründen, weshalb sie sich beharrlich gegen das 3.5 Billionen-Investitionspaket von Präsident Biden sperrt, schwieg sie bisher öffentlich. Bei der Partei-Linken sorgt das zwar für Ärger, aber ihren Ruf als «Maverick» – als Einzelgängerin – dürfte dies noch verstärken.