Bereits am Morgen ist in der kleinen Küche im Restaurant der Familie Ferhatovic der Grill im Betrieb. Darauf liegt die Spezialität des Hauses: Cevapcici, oder Cevapi, wie sie in Bosnien heissen. Schon seit mehreren Generationen führt die Familie die Cevabdzinica im Altstadtquartier Sarajevos.
Vor über 60 Jahren eröffnet die Familie ein erstes Lokal. Einer der Gründer ist Asim Ferhatovic – genannt «Hase» – Vereinslegende des lokalen Fussballvereins FK Sarajevo und Namensgeber des Olympiastadions.
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Bild 1 von 5. Cevapi-Restaurants – sogenannte Cevabdzinicas – sind allgegenwärtig. Diese hier ist mit dem Fussballverein FK Zeljeznicar Sarajevo verbandelt, einem von zwei Vereinen der Stadt. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 5. Sarajevski-Cevapi werden in Portionen von fünf, zehn oder 15 Stück verkauft. Traditionellerweise werden sie in einem halben Fladenbrot und mit fein geschnittenen Zwiebeln serviert. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 5. Zur Mittagszeit herrscht in der kleinen Küche Hochbetrieb. Neben den Cevapi werden auch andere Fleischgerichte angeboten. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 5. Asim Ferhatovic – Legende des Fussballclubs FK Sarajevo und Namensgeber des Olympiastadions – gründete vor über 60 Jahren ein erstes Lokal. Bildquelle: SRF.
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Bild 5 von 5. Viele Gäste sind Stammkunden und kommen regelmässig vorbei. Die Sarajevski-Cevapi sind eine beliebte Mahlzeit. Bildquelle: SRF.
Das heutige Restaurant wird zu den Olympischen Winterspielen 1984 eröffnet. Damals ist Sarajevo noch Teil des sozialistischen Jugoslawiens und steht im Zentrum der Weltöffentlichkeit. Dementsprechend gut läuft das Geschäft: Innerhalb kurzer Zeit eröffnet die Familie drei weitere Cevabdzinicas.
Alles ändert sich schlagartig, als 1992 der Bosnienkrieg beginnt. Während mehr als 1400 Tagen wird Sarajevo von serbischen Truppen belagert. Grosse Teile der Stadt werden zerstört. Von den drei Restaurants bleibt der Familie Ferhatovic ein einziges übrig. Nicht nur die Stadt, nun Hauptstadt des unabhängigen Staates Bosnien und Herzegowina, sondern auch das Cevapi-Geschäft muss nach dem Krieg wieder aufgebaut werden.
Eine kulinarische Erfolgsgeschichte
Läuft man heute durch die engen Gassen von Bascarsija – dem osmanischen Altstadtquartier – ist von den Spuren des Krieges zumindest hier nichts mehr zu sehen. Touristen wie Einheimische flanieren durch die engen Gassen. Läden bieten allerlei zu verkaufen an, Cafés laden zum Verweilen ein. Der Duft nach gegrilltem Hackfleisch aus den unzähligen Cevabdzinicas liegt in der Luft. Die meisten sind gut besucht. Die Sarajevski-Cevapi sind eine beliebte Mahlzeit.
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Bild 1 von 4. Der Platz um den Brunnen Sebilj ist Zentrum der Altstadt Sarajevos und beliebtes Fotoobjekt. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 4. Bascarsija ist das osmanische Zentrum der Stadt und wurde im 15. Jahrhundert angelegt. Die engen Gassen sind voll mit Läden und Cafés. Dazwischen liegen Moscheen, aber auch Kirchen. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 4. Nach dem Krieg sind grosse Teile der Stadt zerstört. Zumindest hier in der Altstadt sind die Spuren mittlerweile verschwunden. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 4. Seit Generationen verkauft die Familie Ferhatovic Cevapi. Nun soll die Cevapi-Variante aus Sarajevo zum geschützten Produkt erklärt werden. Bildquelle: SRF.
Das hat auch die Stadtverwaltung erkannt. Sie unterstützt deshalb die Vereinigung der Cevapi-Verkäuferinnen und -Verkäufer in ihrem Bestreben, den Sarajevski-Cevapi zum geschützten Produkt zu erklären. So soll er dereinst für Bosnien dasselbe sein wie die Pizza für Italien. Ein gastronomisches Produkt, welches das Land weltweit verkörpert – und so bekannt macht.
Der Cevapi drängt nach Europa
Erstmal soll dazu auf nationaler Ebene ein Antrag gestellt werden. In einem zweiten Schritt soll der Sarajevski-Cevapi dann auf EU-Ebene zum geschützten Produkt erklärt werden. Damit könnte der Cevapi den Weg in eine europäische Zukunft vorgehen, den auch Bosnien beschreiten will. Nach Jahren des Stillstandes hat das Land Ende 2022 den Kandidatenstatus erhalten. Viele hoffen nun, dass es vorwärtsgeht. Doch wie beim Cevapi dürfte auch für Bosnien der Weg in die EU noch eine Weile dauern.
Zur Mittagszeit ist das Lokal der Ferhatovics gut gefüllt. Viele Gäste kommen seit Jahren hierher. Die meisten Menschen in Sarajevo haben ein Stammlokal, dem sie treu bleiben. Für viele ist der Sarajevski-Cevapi bereits jetzt ein fester Teil der Stadt. Nun soll er zu einem Symbol Bosniens in der Welt werden.