- Bei der grössten Demonstration in Prag seit 30 Jahren haben mehrere Hunderttausend Menschen gegen die Regierung protestiert.
- Die Demonstranten forderten unabhängige Ermittlungen gegen Regierungschef Andrej Babiš von der populistischen Partei ANO und seinen sofortigen Rücktritt.
- Hintergrund sind Berichte, dass der Grossunternehmer und Multimilliardär als Politiker in einem Interessenskonflikt steht und unrechtmässig von EU-Subventionen profitiert haben soll.
Die seit Wochen andauernden friedlichen Massenproteste gegen den tschechischen Regierungschef Andrej Babiš gipfelten in der Grosskundgebung, zu der das Netzwerk «Eine Million Augenblicke für Demokratie» aufgerufen hatte. Die Teilnehmer hielten Schilder mit der Aufschrift «Demission» hoch und riefen in Sprechchören: «Wir sind da!».
Schwere Anschuldigungen gegen Babiš
Die Vorwürfe gegen Babiš wiegen schwer. Als Ministerpräsident soll der Grossunternehmer unrechtmässig von EU-Subventionen profitiert haben. In Tschechien droht dem Multimilliardär bereits eine Anklage. Nun ans Licht gekommene, interne Berichte der EU-Kommissionen sagen aus, dass Brüssel Fördergelder in zweistelliger Millionenhöhe zurückfordern könnte.
Der 64 Jahre alte Babiš weist alle Anschuldigungen zurück. Am Mittwoch muss sich die Regierung im Parlament einer Misstrauensabstimmung stellen. Ein Erfolg der Opposition gilt aufgrund der Stimmverhältnisse als unwahrscheinlich.
Enormer Andrang
Die Demonstranten hatten sich auf der Letna-Ebene oberhalb der Moldau versammelt. Die Mobilfunkdienste fielen wegen Überlastung aus. Eine U-Bahn-Station musste wegen des Andrangs gesperrt werden.
Beobachtern zufolge war es die grösste Massenkundgebung in Prag seit der Samtenen Revolution, der demokratischen Wende von 1989.