- Der umstrittene Milliardär Andrej Babis ist überragender Sieger der Parlamentswahl in Tschechien: Seine Protestbewegung ANO («Ja») holt 29,6 Prozent der Stimmen.
- Die Demokratische Bürgerpartei (ODS) erreichte 11,3 Prozent.
- Der Unternehmer Tomio Okamura mit seiner rechtspopulistischen SPD erzielte 10,6 Prozent der Wählerstimmen.
- Die Sozialdemokraten (ČSSD), die bisher den Regierungschef gestellt hatten, stürzten auf 7,3 Prozent ab.
Gemäss dem vorläufigen amtlichen Endergebnis erreichte Andrej Babiš mit seiner Partei ANO («Ja») 29,6 Prozent der Stimmen und liegt damit weit vor allen anderen Parteien. Das teilte die Statistikbehörde CSU nach Auszählung auch der letzten Briefwahlstimmen aus Übersee mit.
Zweitstärkste Kraft wurden die konservativen Bürgerdemokraten (ODS) mit 11,3 Prozent. Ihr Vorsitzender Petr Fiala schloss ein Bündnis mit Babiš aus. «Wir werden einen Kampf führen um Werte, einen Kampf um die aussenpolitische Ausrichtung Tschechiens, einen Kampf um alles, was bisher als selbstverständlich galt», sagte der ODS-Chef.
Stark zulegen konnte die rechtspopulistische und EU-feindliche SPD des tschechisch-japanischen Unternehmers Tomio Okamura mit 10,6 Prozent. «Wir wollen jegliche Islamisierung Tschechiens stoppen», sagte der Parteichef.
Etablierte Parteien sind die grossen Verlierer
Die Sozialdemokraten (ČSSD) stürzten auf 7,3 Prozent ab. 2013 hatten sie noch 20,5 Prozent erreicht. Der amtierende Ministerpräsident Bohuslav Sobotka war nicht mehr zur Wahl angetreten. Auch die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens (KSČM) verlor deutlich und fiel auf 7,8 Prozent.
Neu ins Parlament wird erstmals die linksgerichtete Piratenpartei einziehen. Sie erreichte 10,8 Prozent. Im Wahlkampf stellten sich die Piraten gegen die grassierende Korruption und warben für eine Legalisierung von Drogen wie Haschisch und Marihuana.
Das übrige bürgerliche Lager ist zersplittert in die Bürgermeisterpartei STAN mit 5,2 Prozent, die TOP 09 (5,3 Prozent) und die Christdemokraten (KDU-CSL) mit 5,8 Prozent.
Die Wahlbeteiligung lag bei 60,8 Prozent und war damit in etwa gleich hoch wie vor vier Jahren.
«Keine Gefahr für die Demokratie»
Babiš hofft nach eigenem Bekunden auf eine schnelle Regierungsbildung. Er habe alle Parteivorsitzenden per SMS zu Gesprächen eingeladen, sagte er vor jubelnden Anhängern in Prag. Vor vier Jahren war seine Bewegung ANO mit 18,7 Prozent zweitstärkste Kraft geworden.
Seinen Gegnern und den Medien warf der Milliardär eine «Desinformationskampagne» vor. «Wir sind keine Gefahr für die Demokratie». Im Wahlkampf hatte er sich als Euroskeptiker, scharfer Kritiker der deutschen Flüchtlingspolitik und als Gegner einer vertieften EU-Integration profiliert.
Babiš ist Programm
Der Wahlsieger fordert einen schlanken Staat, den er «wie eine Firma lenken» will. Er ist Gründer eines Firmenimperiums, das bedeutende Tageszeitungen und den meistgehörten Privatradiosender umfasst. Kritiker vergleichen ihn mit US-Präsident Donald Trump oder dem Italiener Silvio Berlusconi. Sie warnen vor einer nie dagewesenen Konzentration medialer, politischer und wirtschaftlicher Macht.
Doch die Polizei ermittelt gegen Babiš wegen mutmasslichen EU-Subventionsbetrugs in Millionenhöhe. Bereits im Mai trat er wegen mutmasslichen Steuerbetrugs als Finanzminister zurück.