- In Spanien findet der erste Prozess wegen Kinderraubs unter Franco statt.
- Vor Gericht steht ein ehemaliger Arzt, mittlerweile 85 Jahre alt.
- Das Franco-Regime nahm Tausende von Kindern ihren Eltern weg.
Die ersten Fälle deckten Medien im Jahr 2000 auf. Allerdings führte keine einzige Klage zu einem Gerichtsverfahren. Jetzt muss sich der pensionierte Arzt Eduardo Vela in Madrid verantworten. Ines Madrigal, eine 49-jährige Bahnangestellte, klagt ihn an, sie von ihrer leiblichen Mutter getrennt und die Geburtsurkunde gefälscht zu haben. Die Staatsanwaltschaft fordert elf Jahre Gefängnis. Wann das Urteil gefällt wird, ist noch offen.
Katholische Kirche war Komplizin
Heute weiss man, dass in Spanien seit 1939, seit Beginn der faschistischen Franco-Diktatur, rund 300'000 Babys ihren Müttern nach der Geburt weggenommen und verkauft wurden. Kinder aus politisch verdächtigen, «linken» Familien wurden von regimetreuen Eltern aufgezogen. In den Raub war auch die konservative katholische Kirche verwickelt. Bis in die Neunzigerjahre sind Fälle bekannt. Dabei wurden nicht nur Geburtsurkunden gefälscht, sondern auch Todesfälle von Babys vorgetäuscht.
Die Opfer fordern Gerechtigkeit
Heute demonstrieren vor dem Madrider Gerichtsgebäude die Opfer. Sie suchen ihre Eltern und Geschwister. Nun fordern sie lautstark Aufklärung und Gerechtigkeit.
Soledad Luque hat nie aufgehört, ihren jüngeren Bruder zu suchen. Seit den Sechzigerjahren ist er verschwunden. «Wir wussten, dass es Franciso gab, er war immer präsent in unserer Familie. Plötzlich war er nicht mehr da. Bis heute hat es niemand gewagt über sein Verschwinden zu sprechen.»
Nun ruhen ihre Hoffnungen auf diesem wegweisenden Prozess. Und damit auf eine längst fällige Aufarbeitung eines dunklen Kapitels in der spanischen Geschichte.