Alles begann mit einem Buchstaben: Q. So nennt sich ein Kommentarschreiber, der eine Schar von Verschwörungstheoretikern hinter sich versammelt. An einer Wahlkampfveranstaltung von Donald Trump traten sie vergangene Woche zum ersten Mal in Erscheinung. Und erhielten eine prominente Bühne. Alan Cassidy klärt über die Vernetzung auf.
Das ist «QAnon»: Eine Gruppe von Verschwörungstheoretikern, die sich im Herbst 2017 auf einem Internetforum durch einen Kommentarschreiber mit dem Pseudonym «Q» formiert hat. Der anonyme Schreiber hat sich als Insider der Regierung ausgegeben und begann Dinge zu schreiben, die sich sukzessive zu einer Verschwörungstheorie entwickelten. Die Anhänger dieses Kommentarschreibers nennen sich «QAnon».
Ihre Überzeugung: Die USA würden beherrscht von einem gigantischen Ring aus Geheimdienstlern, aus einer Schattenregierung. Dieser «Deep State» würde in riesigem Ausmass Kinderhandel betreiben. Zudem sind sie der Überzeugung, Präsident Trump sei im Verdeckten daran, einen Schlag gegen diese Kreise vorzubereiten. Eine beliebte Ausprägung der Theorie ist zum Beispiel, Robert Mueller fungiere nicht als Sonderermittler der US-Wahlbeeinflussung durch Russland, sondern als Instrument von Trump im Kampf gegen diese vermeintliche Verschwörung der Einmischung.
Ihr Antrieb: «QAnon» will primär den US-Präsidenten unterstützen. Diese Leute sehen in ihm einen Heilsbringer, der wie am Tag des jüngsten Gerichts kommt, um alles Böse hinwegzufegen. Als Anhänger mag die Bewegung aber auch eine hoffnungsvolle Botschaft innehaben, im Sinne von: Ignoriert das Chaos, das täglich aus dem Weissen Haus kommt, Trump hat alles im Griff.
So sieht es Trump: Er hat sich nie dazu geäussert, auch wenn die Anhänger der Verschwörungstheorie immer wieder verdeckte Signale in seinen Reden oder Tweets entdeckt haben wollen. Aber: Trump hat eine Vorgeschichte mit Verschwörungstheorien. Als er vor einigen Jahren erstmals politisch auf die Bühne trat, verbreitete er wiederholt die falsche Behauptung, der damalige Präsident Barack Obama sei nicht in den USA geboren worden und damit kein rechtmässiger Präsident. Es gibt dadurch eine gut dokumentierte Sympathie von Trump für Verschwörungstheorien.
Ein amerikanisches Phänomen: «QAnon» hat eine begrenzte Reichweite, trotzdem gibt es nach jedem grösseren Ereignis in den USA Gruppen, die den Ablauf bezweifeln und alternative Theorien verbreiten. Nach Amokläufen kommen Aussagen, die hinter dem Attentat eine inszenierte Kampagne der Geheimdienste sehen, um den Waffenbesitz strenger zu regeln. Viele dieser Verschwörungen – darunter auch «QAnon» – bleiben in dunklen Ecken des Internets hängen. Manche breiten sich aber weiter in die Gesellschaft aus, wenn sie zum Beispiel auf dem TV-Sender Fox News eine Plattform erhalten.
Die gesellschaftlichen Folgen: Schon jetzt fällt es den US-Amerikanern zunehmend schwer, sich auf gewisse grundsätzliche Dinge zu einigen. Das Vertrauen in seriöse Medien und in andere Institutionen erodiert in einigen Kreisen stark. Wenn man durchs Land fährt und mit den Leuten spricht, merkt man, dass es Menschen gibt, die in verschiedenen Realitäten zu leben scheinen. In einem Land, das wie die USA schon so genug Spaltungen hat, wird mit solchen Verschwörungstheorien ein weiterer Keil zwischen die Menschen getrieben. In einer Demokratie, die auf Vertrauen untereinander und einem gesunden Austausch beruht, kann das nur schädlich sein.