Mehr als 80 Prozent des Welthandels wird mit Schiffen abgewickelt. Während die Coronakrise so manches zum Erliegen bringt, funktioniert der Seehandel bestens.
Den Preis bezahlen die Seeleute. 400'000 von ihnen sind zurzeit auf ihren Schiffen blockiert. Sie können wegen Einreisesperren, Quarantäneregeln und weiteren Reisebeschränkungen ihren Arbeitsplatz nicht mehr verlassen.
«Wir möchten endlich wieder raus»
Manche sind inzwischen seit über 17 Monaten Quasi-Gefangene – ohne jeden Landgang. Das ist weitaus länger als es internationale arbeitsrechtliche Vorgaben erlauben.
«Wir möchten endlich mal wieder raus», erklärt ein Matrose gegenüber der «Deutschen Welle». «Doch wegen Corona dürfen wir nicht.» Ein anderer klagt: «Wir warten auf einen Mannschaftswechsel... irgendwann...».
An einer Videokonferenz der UNO meint Kapitän Hedi Marzougui: «Sie müssen sich das einmal vorstellen – tagtäglich zwölf Stunden zu arbeiten, ohne Wochenenden, ohne Ferien, ohne je die Familie und die Freunde zu sehen.»
Zahl der Selbstmorde steigt
Das Gefühl, dass sich niemand auch nur einen Deut kümmert, nimmt Überhand. Die Zahl der Selbstmorde auf den Schiffen steigt. Tatsächlich ist das Problem längstens bekannt. Doch es tut sich nichts.
Deshalb schalten sich jetzt das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte, die UNO-Organisation für Arbeit und die UNO-Seefahrtsorganisation ein. «Von völlig übermüdeten, psychisch angeschlagenen Seeleuten wird gefordert, weiterhin zuverlässig ihren Dienst zu tun», kritisiert Kitack Lim, Chef der UNO-Seefahrtsorganisation.
Sonderrechte für Seeleute gefordert
Die UNO-Organisationen rufen nun alle Regierungen inständig auf, für Seeleute Sonderbewilligungen und Sonderrechte zu schaffen, wie sie das für andere, als unentbehrlich betrachtete Berufsleute, etwa für das Gesundheitspersonal, längst tun.
Und sie appellieren an die Reedereien und an die Wirtschaft generell, ihrerseits Druck zu machen auf die Behörden. Im eigenen Interesse. Denn ohne Seehandel kollabiert die Weltwirtschaft.