Darum geht es: Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und die Mitte-Regierung haben über den Kampf gegen den radikalen Islamismus beraten. Entstanden ist ein Gesetz zur «Stärkung der republikanischen Prinzipien», das am Mittwoch veröffentlicht worden ist und die ersten juristischen Hürden genommen hat. Macron hatte das Gesetz schon im Oktober angekündigt. Das Land wird seit Jahren immer wieder von islamistischen Terroranschlägen erschüttert, es starben über 250 Menschen.
Gesetz hat einen neuen Namen: Obwohl das Gesetz geschaffen wurde, um den radikalen Islamismus zu bekämpfen, ist im Gesetzesentwurf kein Wort von Islamismus zu lesen. Der Grund für den Wechsel im Namen des Gesetzes sei der Laizismus, erklärt SRF-Korrespondent Daniel Voll. «Das heisst, dass der Staat alle Religionen gleich behandeln muss. Dies ist einer der wichtigsten Grundsätze in Frankreich.» Muslimische Organisationen begrüssen den Namenswechsel. So würden Muslime nicht pauschal an den Pranger gestellt. Die oppositionellen Republikaner dagegen kritisieren, die Regierung traue sich nicht einmal mehr, die Probleme beim Namen zu nennen.
Das steht drin: Der radikale Islamismus soll dort bekämpft werden, wo junge Menschen in seine Fänge geraten: in bestimmten Moscheen, ausserhalb der Schule oder im Internet. Einer der auffälligsten Punkte ist, dass Kinder ab 3 Jahren die obligatorische Schule besuchen sollen – mit dem Hintergedanken, dass sie nicht in Koranschulen gehen. Ausserdem soll es allgemeine Grundsätze zur Ausbildung von Imamen geben. Dies macht nicht der Staat, sondern die muslimische Gemeinde selber. «Wie dies geschehen soll, ist im Gesetz allerdings nicht geregelt», so Voll.
Das steht nicht drin: Gewisse Massnahmen werden wohl greifen und andere nicht. Wie aber Frankreich die sozial Benachteiligten in der Gesellschaft – und das sind zum Teil junge Muslime ohne Perspektive in den Banlieues – erreichen will, darauf gibt das neue Gesetz keine Antwort. «Ursprünglich war vorgesehen, dass eine bessere Durchmischung der Gesellschaft ein Ziel sein soll», sagt Voll.
Die Regierung wird sich sehr wohl überlegen müssen, wie sie die real existierende Ungleichheit in der Gesellschaft angehen will
«In den Banlieues bilden sich schnell Sondergesellschaften, die nach ihren eigenen Regeln funktionieren, das haben verschiedene Untersuchungen gezeigt.» Deshalb wollte die Regierung die Ballung von Sozialwohnungen an einzelnen Orten zu vermeiden. Diese Idee verschwand wieder aus dem Gesetz. «Die Regierung wird sich aber sehr wohl überlegen müssen, wie sie die real existierende Ungleichheit in der Gesellschaft angehen will», schliesst der Korrespondent.