- Die deutsche Bundesanwaltschaft hat 25 Personen aus der sogenannten Reichsbürgerszene festnehmen lassen.
- Sie sollen einen Umsturz geplant und dafür teilweise auch mit Waffen trainiert haben.
- Rund 3000 Polizeibeamte waren am Mittwochmorgen in elf Bundesländern im Einsatz.
Eine terroristische Vereinigung habe die staatliche Ordnung in Deutschland stürzen und durch eine eigene ersetzen wollen, die in Grundzügen schon ausgearbeitet sei, sagte eine Sprecherin der deutschen Bundesanwaltschaft gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.
Bei 22 der Festgenommenen soll es sich um Mitglieder dieser terroristischen Vereinigung gehandelt haben. Zwei davon seien Rädelsführer. Drei weitere gelten als Unterstützer. Zudem gebe es 27 weitere Beschuldigte, so die Sprecherin.
Netzwerk peilte Systemwechsel an
Die Vereinigung begründe sich den Erkenntnissen zufolge auf Verschwörungsmythen. Die Mitglieder seien der festen Überzeugung, dass Deutschland derzeit von Angehörigen eines sogenannten Deep States, eines «tiefen Staats», regiert werde, hiess es in einer Mitteilung.
Ein Angriff eines technisch überlegenen Geheimbundes von Regierungen, Nachrichtendiensten und Militärs verschiedener Staaten, einschliesslich der Russischen Föderation sowie der USA, stehe dieser Überzeugung nach kurz bevor.
Spätestens Ende November 2021 sollen die beschuldigten Personen die Gruppierung gegründet haben. Zentrales Gremium sei ein «Rat». Dieser verfüge, ähnlich wie das Kabinett einer regulären Regierung, über Ressorts wie Justiz, Aussen und Gesundheit.
«Die Mitglieder des ‹Rates› haben sich seit November 2021 regelmässig im Verborgenen getroffen, um die angestrebte Machtübernahme in Deutschland und den Aufbau eigener Staatsstrukturen zu planen», teilte die Bundesanwaltschaft mit.
Ein «militärischer Arm» sollte den demokratischen Rechtsstaat auch auf Ebene der Gemeinden, Kreise und Kommunen «beseitigen», hiess es. Der Vereinigung sei bewusst, dass es dabei zu Toten kommen werde. «Sie nimmt dieses Szenario aber als notwendigen Zwischenschritt zur Erreichung des von ihr angestrebten ‹Systemwechsels auf allen Ebenen› zumindest billigend in Kauf», so die Bundesanwaltschaft.
Aktive und Ex-Militärs unter Verdächtigen
Einige mutmassliche Mitglieder des militärischen Arms hätten aktiv Dienst in der Bundeswehr geleistet. Auch hätten sie vor allem Angehörige der Bundeswehr und Polizei für den geplanten Staatsumsturz rekrutieren wollen.
Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft richten sich auch gegen einen Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr und mehrere Reservisten der Bundeswehr. Der aktive Soldat sei im Stab des KSK eingesetzt, sagte ein Sprecher des Militärischen Abschirmdienstes (MAD).
Offenbar waren die Beschuldigten bewaffnet. Woher die Gruppierung die Waffen hat, ist noch nicht ganz klar. Durch die Kontakte zur Bundeswehr sei der Zugang zu Waffen jedoch erleichtert gewesen, sagt SRF-Deutschlandkorrespondentin Simone Fatzer.
Zudem sei es wegen des Ukraine-Kriegs im Moment sehr einfach, an Waffen zu kommen, wie ein Rechtsextremismusexperte ihr erklärte. «Der Schwarzmarkt werde geradezu überschwemmt. Wie viele Waffen diese Leute besitzen und woher genau, ist aber noch offen.»
Ausgangspunkt der Ermittlungen sollen Verbindungen von Mitgliedern der nun ausgehobenen Vereinigung zu Angehörigen der Gruppe «Vereinte Patrioten» sein, die im April festgenommen worden waren und geplant haben sollen, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu entführen.