- In einer Fernsehansprache hat Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron die «entfesselten Aggressionen» in den vergangen Wochen kritisiert.
- Es gebe eine «tiefe Verärgerung» bei den Bürgern, die er aber nicht abstreiten wolle. Macron betonte, für die aktuelle Krise übernehme er einen Teil der Verantwortung und kündigte grössere Zugeständnisse an.
- Der Präsident hat die Regierung aufgefordert, den Mindestlohns (Smic) zu erhöhen. Zudem sollen bei Überstunden weder Steuern noch Sozialabgaben anfallen.
Staatspräsident Emmanuel Macron ist derzeit mit der grössten Krise seiner bisher gut eineinhalbjährigen Amtszeit konfrontiert. Proteste der «Gilets Jaunes» (Gelben Westen) sorgen in ganz Frankreich für Behinderungen und Unruhe.
Macron ist dabei immer mehr in die Defensive geraten und hat sich nach langem Schweigen nun in einer Fernsehansprache an die Franzosen gewandt. Er kündigte in einer Rede an die Nation grössere Zugeständnisse in der Sozialpolitik an.
Steuererleichterungen und höherer Mindestlohn
In der Ansprache kündigte Macron an, dass der Mindestlohn (Smic) von heute 1185 Euro netto ab Januar um 100 Euro pro Monat angehoben werden soll. Arbeitgeber sollten, wenn sie dazu in der Lage seien, ihren Beschäftigten eine Prämie zahlen.
Ausserdem plant Macron die Rücknahme der Erhöhung des allgemeinen Sozialbeitrags (contribution sociale généralisée, CSG) für Rentner, die weniger als 2000 Euro pro Monat erhalten.
Zudem sollen Überstunden (mehr als 35 Wochenstunden) ab nächstem Jahr nicht mehr versteuert werden. Auch die Sozialabgaben darauf entfallen, kündigte Macron an. «Wir wollen ein Frankreich, in dem man würdig von seiner Arbeit leben kann.»
Spitzentreffen im Elysée-Palast
In der vergangenen Woche hatte Macron sich mit öffentlichen Auftritten auffällig zurückgehalten. Stattdessen schickte er Premierminister Edouard Philippe vor. Der Ruf nach Antworten des Präsidenten wurde aber immer lauter.
Am Montagvormittag hat nun der Staatschef Spitzenvertreter aus Politik und Wirtschaft im Elysée-Palast empfangen. Der Präsident wollte bei dem Treffen mit Vertretern der grossen Gewerkschaften, der Arbeitgeber sowie der Präsidenten der Nationalversammlung und des Senats Stimmen und Vorschläge hören, die Antworten auf die andauernden Proteste der «Gelbwesten» sein könnten.
Am vergangenen Samstag waren die vierte Woch ein Folge frankreichweit mehr als 100'000 Menschen auf die Strasse gegangen, davon mindestens 10'000 in Paris.