Das Ziel von absurdem Theater ist es, dem Zuschauer den Irrwitz der Welt vor Augen zu führen. Dem rumänischen Parlament ist das in seiner letzten Sitzung gut gelungen. Zweieinhalb Stunden haben Abgeordnete verschiedener Parteien gestern aneinander vorbeigeredet. Dann ist die bürgerliche Regierung gestürzt worden und die Abgewählten haben sich gefreut.
So oder so ein Gewinn
Premierminister Ludovik Orban und seine Nationalliberalen haben ein Gesetz zum Wahlverfahren auf Gemeindeebene vorgelegt, von dem sie wussten, dass es einer Mehrheit der Abgeordneten missfällt. Und sie haben dieses Gesetz mit der Vertrauensfrage verknüpft.
«Figgi und Mühli» heisst das auf Schweizerdeutsch: Hätte die sozialdemokratische Opposition nicht genügend Stimmen für das Misstrauensvotum zusammengebracht, dann hätten sich die Bürgerlichen bei den nächsten Kommunalwahlen fast sicher über weitere Bürgermeister freuen können. Sie sind eine wichtige Machtbasis in Rumänien.
Orban will die Popularität nutzen
Mit dem verlorenen Misstrauensvotum kommen sie dem näher, was sie eigentlich wollen: vorgezogene Neuwahlen. Die Nationalliberalen reiten derzeit nämlich auf einer Welle der Popularität: Fast die Hälfte der Befragten wollen sie wählen, mehr als doppelt so viele wie bei den letzten Wahlen. Und mehr als doppelt so viele, wie derzeit die sozialdemokratische Opposition unterstützen.
Kein Wunder will Orban unter diesen Umständen nicht bis zum regulären Wahltermin Ende Jahr warten. Denn: So lange bleibt in Rumänien selten ein Politiker so beliebt.
Bis aber Neuwahlen angesetzt werden können, fehlen noch mindestens zwei Szenen. Präsident Iohannis, auch er ist ein Bürgerlicher, muss noch zweimal einen neuen Premier vorschlagen. Und er oder sie muss mit seiner Regierung noch zweimal im Parlament scheitern. Absurdes Polittheater dürfte im rumänischen Parlament deshalb noch weiter auf dem Programm stehen.
SRF 4 News, 06.02.2020; 06:11 Uhr; lin;reia