- In Israel hat der bisherige Oppositionsführer Jair Lapid ein Bündnis mit insgesamt acht Parteien für eine neue Regierungs-Koalition gebildet.
- Naftali Bennett, Vorsitzender der ultrarechten Jamina-Partei, soll dabei für zwei Jahre Premierminister werden – abgelöst von Jair Lapid für weitere zwei Jahre.
- Sollte die neue Koalition im Parlament bestätigt und vereidigt werden, wäre die Ära von Benjamin Netanjahu als Ministerpräsident nach 12 Jahren vorerst beendet.
Das Präsidialamt teilte am Mittwochabend mit, Oppositionsführer Jair Lapid habe Präsident Reuven Rivlin darüber unterrichtet, dass er eine Mehrheit im Parlament hinter sich versammelt habe und eine neue Regierung bilden könne.
Dem 57-Jährigen ist es damit rund eine Stunde vor Ablauf der Frist zur Bildung einer Regierung gelungen, ein Bündnis von sehr gegensätzlichen Partnern zu schmieden. Wäre die Frist abgelaufen, hätten wieder Neuwahlen durchgeführt werden müssen.
Bündnis von acht Parteien
Lapid stützt sich auf ein Bündnis seiner Zukunftspartei mit insgesamt sieben kleinen Parteien aus allen Bereichen des politischen Spektrums. Sie alle eint vor allem die Ablehnung des amtierenden Regierungschefs Benjamin Netanjahu. Die politischen Ziele der Parteien klaffen jedoch weit auseinander.
Wichtiger Teil von Lapids Koalition wird die ultrarechte Jamina-Partei von Naftali Bennett. Er galt nach den Wahlen am 23. März als das Zünglein an der Waage. Lapid und Bennett einigten sich auf eine Rotation im Amt des Regierungschefs. Der frühere Verteidigungsminister Bennett soll laut der Koalitionsvereinbarung als erster für zwei Jahre Ministerpräsident werden, Lapid soll ihn dann am 27. August 2023 ablösen. Zu Beginn soll Lapid das Amt des Aussenministers übernehmen.
Verhandlungen bis zur letzten Minute
Bis zur letzten Minute gab es heftige Meinungsverschiedenheiten unter den Koalitionspartnern. Die Verhandlungen dauerten bis kurz vor Ablauf der Einigungsfrist an.
Auch der Vorsitzende der arabischen Ra'am-Partei, Mansur Abbas, hat die Koalitionsvereinbarung unterzeichnet. Abbas sagte, er habe als Letzter unterschrieben.
Bündnis bleibt wackelig
Mit Vereidigung der neuen Regierung im Parlament wäre die Ära Netanjahu vorerst beendet. Als voraussichtlicher Vereidigungstermin galt bislang der 14. Juni. Lapid strebt jedoch den frühestmöglichen Termin an.
Damit die ungewöhnliche Koalition ihre Regierungsarbeit aufnehmen kann, muss eine einfache Mehrheit der 120 Abgeordneten für sie stimmen. Es wird damit gerechnet, dass Netanjahus Anhänger bis zur Vereidigung mit aller Macht versuchen werden, das wacklige Bündnis zum Scheitern zu bringen. Bis zuletzt gab es Berichte über mögliche Abtrünnige in den Reihen der Jamina-Partei.