Rishi Sunak weiss, was er will: Er will an die Macht; er will Boris Johnson als britischer Premierminister ablösen. Der frühere britische Finanzminister ist überzeugt: Die Zeit ist reif dafür. Voller Selbstbewusstsein startet er als erster ins Nachfolge-Rennen, kaum hat Boris Johnson seinen Rücktritt bekannt gegeben. Und Rishi Sunak stellt seinen Hochglanz-Werbespot unters Motto: «Ready for Rishi!»
Die erste Runde im Auswahlverfahren verläuft ganz nach Sunaks Geschmack: Mal für Mal bekommt er am meisten Stimmen der Wahlberechtigten – der konservativen Abgeordneten im Unterhaus. Seinen Platz auf dem Zwei-Ticket sichert er sich mit einem klaren Vorsprung von 24 Stimmen auf Aussenministerin Liz Truss.
Und die Lobeshymnen auf Rishi Sunak sind beeindruckend: «Er ist ein kraftvoller, strahlender, emotional intelligenter Kandidat», preist ihn der langjährige, frühere Tory-Vorsitzende William Hague in der «Times». Hague beschreibt seinen Nachfolger im Wahlkreis Richmond, in Yorkshire, als «der eifrigste und beeindruckendste Kandidat, den ich je gekannt habe».
Trotz des Lobes von prominenten Parteigrössen und dem Sieg in der ersten Runde: Rishi Sunak ist der Sieg in der Johnson-Nachfolge alles andere als sicher.
Sunak hat teils ein Imageproblem
Bei der konservativen Parteibasis hat Rishi Sunak offenbar ein Imageproblem. Eine beachtliche Zahl der Konservativen ist unzufrieden mit der Steuerpolitik, die Rishi Sunak in den letzten zwei Jahren als Finanzminister verantwortet. Damit nicht genug: Anfang Jahr macht Finanzminister Sunak Wochen lang Schlagzeilen, weil seine Ehefrau, Akshata Murty, in Grossbritannien keine Steuern bezahlt – bei einem Vermögen von mehreren Hundert Millionen Pfund. Seine Begründung: «Alles rechtens. Sie bezahlt in Indien Steuern, wo das Unternehmen ansässig ist.»
Sunaks Steuerpolitik gibt seiner Mitbewerberin ums höchste Amt im Staat denn auch einen mächtigen Hebel in die Hand: Liz Truss kritisiert Sunaks Steuererhöhungen als völlig verfehlt. Die Steuern seien seit Jahrzehnten nie mehr so hoch gewesen und hätten eine «sozialistische Grössenordnung» erreicht, doppelte Truss’-Unterstützer und Johnson-Freund Jacob Rees-Mogg nach.
Liz Truss verspricht denn auch, die Steuern kräftig zu senken – um 30 Milliarden Pfund, um das Portemonnaie der Bürgerinnen und Bürger zu entlasten sowie der Wirtschaft mehr Mittel für Investitionen zu geben.
Truss führt bei Partei-Mitgliedern
Der angegriffene Favorit kontert: «Ich würde auch gerne Steuergeschenke verteilen. Doch das ist nicht seriös», versucht der Finanzspezialist in den TV-Debatten in die Offensive zu gehen. «Zuerst müssen wir die Inflation in den Griff bekommen sowie die Energiekrise, dann können wir über Steuersenkungen reden.» Und er platziert einen Seitenhieb gegenüber Liz Truss – unterstellt ihr, sie erzähle finanzpolitische «Märchen», ums ins höchste Amt zu kommen.
Das Rennen wird in der zweiten Runde durch die Partei-Mitglieder entschieden – und da wird es Sunak gegenüber der Aussenministerin schwer haben, von heute aus gesehen: nur 35 Prozent der Tory-Mitglieder würden für ihn stimmen; 54 Prozent gäben Liz Truss ihre Stimme, erklären sie Anfang Woche in einer Umfrage von YouGov.
Mit dem heutigen Tag wird das Rennen um die Johnson-Nachfolge neu gestartet. Liz Truss und Rishi Sunak werden sich nichts schenken – wie schon in der ersten Runde. Kurz: Das Hauen und Stechen beginnt nun von vorn.