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Ringen um Mays Nachfolge Das Kandidatenfeld weitet sich aus

  • Im Ringen um die Nachfolge von Theresa May könnte es zu einem Überbietungswettbewerb der Brexit-Hardliner kommen.
  • Am Wochenende erklärten Umweltminister Michael Gove, die kürzlich zurückgetretene Ministerin für Parlamentsfragen, Andrea Leadsom, und der frühere Brexit-Minister Dominic Raab offiziell ihre Kandidatur.

Erwartet wird, dass bis zu 20 Tories im Kampf um den Job des Parteichefs und damit des Premierministers antreten werden.

Als Favorit gilt der frühere Aussenminister Boris Johnson. Der 54-Jährige hatte sich bereits am Freitag umgehend nach Mays Rücktrittsankündigung in Stellung gebracht. Er drohte mit einem EU-Austritt ohne Abkommen. Eine weitere Verlängerung der Brexit-Frist schloss er aus.

Aussenseiter distanziert sich von No-Deal-Brexit

Berichten zufolge löste er damit Befürchtungen aus, es könnte zu einem Brexit-Wettrüsten kommen, bei dem sich die Kandidaten gegenseitig an Kompromisslosigkeit überbieten, um die Brexit-Hardliner an der konservativen Parteibasis auf ihre Seite zu ziehen.

Aussenminister Jeremy Hunt, die frühere Arbeitsministerin Esther McVey, Entwicklungshilfeminister Rory Stewart und Gesundheitsminister Matt Hancock erklärten ebenfalls bereits, antreten zu wollen. Der als Aussenseiter geltende Stewart distanzierte sich eindeutig von einem No-Deal-Brexit.

Warnung vor düsteren Aussichten

Der Brexit-Beauftragte der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Elmar Brok, warnte vor einem Premierminister Johnson. «Sollte Boris Johnson der Nachfolger und künftiger britischer Regierungschef werden, wird er die Übergangszeit auslaufen lassen», sagte der deutsche CDU-Politiker der «Passauer Neuen Presse». Dann werde es am 31. Oktober einen Brexit ohne Abkommen geben.

Brok prophezeit für diesen Fall eine Katastrophe für die britische Wirtschaft. «Die Briten werden bis zu zehn Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes verlieren. In Deutschland werden wir nur ein Prozent einbüssen.»

Opposition fordert Neuwahlen

May hatte am Freitag in einer emotionalen Rede in London angekündigt, dass sie ihr Amt als konservative Parteichefin am 7. Juni abgeben werde. Bis Ende Juli soll ein Nachfolger bestimmt werden, dann will sie auch die Regierungsgeschäfte abgeben.

Die oppositionelle Labour-Partei forderte umgehend Neuwahlen. Ihr finanzpolitischer Sprecher John McDonnell bekräftigte am Samstag, dass seine Partei ein Misstrauensvotum gegen die Regierung anstreben werde, sollte es gute Aussichten auf einen Erfolg geben.

Mehrere Wahlgänge

Das mehrstufige Auswahlverfahren dürfte in der Woche vom 10. Juni an beginnen. Erwartet wird, dass bis zu 20 Kandidaten daran teilnehmen werden. Zunächst wird das Bewerberfeld von den Abgeordneten der Tory-Fraktion, den Konservativen im Parlament, in mehreren Wahlgängen auf zwei Kandidaten reduziert.

In jedem Wahlgang scheidet der Letztplatzierte aus. Die beiden verbliebenen Bewerber müssen sich dann der Parteibasis bei einer Urwahl stellen.

Grossbritannien soll bis zum 31. Oktober aus der Europäischen Union ausscheiden. Das von May mit Brüssel ausgehandelte Austrittsabkommen wurde aber vom Parlament bisher drei Mal abgelehnt. Eine Lösung ist nicht in Sicht. Bleibt es dabei, droht ein abruptes Ende der Mitgliedschaft mit – vor allem wirtschaftlich – einschneidenden Folgen.

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