- Im Ringen um die Nachfolge von Theresa May könnte es zu einem Überbietungswettbewerb der Brexit-Hardliner kommen.
- Am Wochenende erklärten Umweltminister Michael Gove, die kürzlich zurückgetretene Ministerin für Parlamentsfragen, Andrea Leadsom, und der frühere Brexit-Minister Dominic Raab offiziell ihre Kandidatur.
Erwartet wird, dass bis zu 20 Tories im Kampf um den Job des Parteichefs und damit des Premierministers antreten werden.
Als Favorit gilt der frühere Aussenminister Boris Johnson. Der 54-Jährige hatte sich bereits am Freitag umgehend nach Mays Rücktrittsankündigung in Stellung gebracht. Er drohte mit einem EU-Austritt ohne Abkommen. Eine weitere Verlängerung der Brexit-Frist schloss er aus.
Aussenseiter distanziert sich von No-Deal-Brexit
Berichten zufolge löste er damit Befürchtungen aus, es könnte zu einem Brexit-Wettrüsten kommen, bei dem sich die Kandidaten gegenseitig an Kompromisslosigkeit überbieten, um die Brexit-Hardliner an der konservativen Parteibasis auf ihre Seite zu ziehen.
Aussenminister Jeremy Hunt, die frühere Arbeitsministerin Esther McVey, Entwicklungshilfeminister Rory Stewart und Gesundheitsminister Matt Hancock erklärten ebenfalls bereits, antreten zu wollen. Der als Aussenseiter geltende Stewart distanzierte sich eindeutig von einem No-Deal-Brexit.
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Bild 1 von 11. James Cleverly (49). Der Brexit-Staatssekretär kündigte seine Kandidatur in der Zeitung «Braintree and Witham Times» an. Bildquelle: Reuters.
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Bild 2 von 11. Penny Mordaunt (46). Die Verteidigungsministerin gilt als eingefleischte Brexit-Hardlinerin und will Theresa May beerben. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 11. Sajid Javid (49). Der Innenminister ist der erste Brite mit muslimischem Hintergrund in einem der führenden Ämter Grossbritanniens. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 11. Andrea Leadsom (56). Die vor wenigen Tagen als Beauftragte für Parlamentsangelegenheiten zurückgetretene Politikerin will in das Rennen um die Führung der britischen Konservativen Partei einsteigen. Dies berichteten britische Medien unter Berufung auf eine Bestätigung von Leadsom in der Nacht auf Sonntag. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 11. Michael Gove (51). Am Sonntag stieg der Umweltminister als achter Kandidat in das Rennen um die May-Nachfolge ein. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 11. Dominic Raab (45). Er ist geradezu als ideologisch verschrien. Einen No-Deal-Brexit dürfte er ohne Zaudern in Kauf nehmen, sollte sich die EU nicht zu grosszügigen Zugeständnissen durchringen. Bildquelle: Keystone/Archiv.
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Bild 7 von 11. Boris Johnson (54). Harter Kämpfer für den EU-Austritt Grossbritanniens und das Gesicht der Brexit-Kampagne. Im Juli 2018 trat er aus Protest gegen Mays Umgang mit den Brexit-Verhandlungen als Aussenminister zurück. Bei den Buchmachern gilt er als Favorit für das Amt des Premierministers. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 11. Jeremy Hunt (52). Er übernahm das Aussenministerium im Juli nach Johnsons Rücktritt. Im Referendum stimmte er für den Verbleib seines Landes in der EU, heute gilt er aber als Befürworter eines geregelten Brexits. Als Aussenminister provozierte er mit ähnlichen Statements wie sein Vorgänger. Bei einer Parteitagsrede verglich er die EU mit der Sowjetunion. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 11. Esther McVey (51). Die frühere Arbeitsministerin hat ebenfalls Ambitionen auf das Amt der Parteichefin und Premierministerin angemeldet. Sie trat im Streit um das von May ausgehandelte Abkommen gemeinsam mit Dominic Raab zurück. Bildquelle: Reuters.
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Bild 10 von 11. Matt Hancock (40). Der Gesundheitsminister hat ebenfalls seinen Hut im Ringen um das Premierministeramt in den Ring geworfen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 11 von 11. Rory Stewart (46). Der Entwicklungshilfeminister hat ebenfalls seine Ambitionen für Mays Nachfolge angekündigt. Bildquelle: Keystone.
Warnung vor düsteren Aussichten
Der Brexit-Beauftragte der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Elmar Brok, warnte vor einem Premierminister Johnson. «Sollte Boris Johnson der Nachfolger und künftiger britischer Regierungschef werden, wird er die Übergangszeit auslaufen lassen», sagte der deutsche CDU-Politiker der «Passauer Neuen Presse». Dann werde es am 31. Oktober einen Brexit ohne Abkommen geben.
Brok prophezeit für diesen Fall eine Katastrophe für die britische Wirtschaft. «Die Briten werden bis zu zehn Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes verlieren. In Deutschland werden wir nur ein Prozent einbüssen.»
Opposition fordert Neuwahlen
May hatte am Freitag in einer emotionalen Rede in London angekündigt, dass sie ihr Amt als konservative Parteichefin am 7. Juni abgeben werde. Bis Ende Juli soll ein Nachfolger bestimmt werden, dann will sie auch die Regierungsgeschäfte abgeben.
Die oppositionelle Labour-Partei forderte umgehend Neuwahlen. Ihr finanzpolitischer Sprecher John McDonnell bekräftigte am Samstag, dass seine Partei ein Misstrauensvotum gegen die Regierung anstreben werde, sollte es gute Aussichten auf einen Erfolg geben.
Mehrere Wahlgänge
Das mehrstufige Auswahlverfahren dürfte in der Woche vom 10. Juni an beginnen. Erwartet wird, dass bis zu 20 Kandidaten daran teilnehmen werden. Zunächst wird das Bewerberfeld von den Abgeordneten der Tory-Fraktion, den Konservativen im Parlament, in mehreren Wahlgängen auf zwei Kandidaten reduziert.
In jedem Wahlgang scheidet der Letztplatzierte aus. Die beiden verbliebenen Bewerber müssen sich dann der Parteibasis bei einer Urwahl stellen.
Grossbritannien soll bis zum 31. Oktober aus der Europäischen Union ausscheiden. Das von May mit Brüssel ausgehandelte Austrittsabkommen wurde aber vom Parlament bisher drei Mal abgelehnt. Eine Lösung ist nicht in Sicht. Bleibt es dabei, droht ein abruptes Ende der Mitgliedschaft mit – vor allem wirtschaftlich – einschneidenden Folgen.