Das Wichtigste in Kürze
- Ende 2016 verabschiedete das japanische Parlament ein Gesetz, das Casinos erlauben soll. Die Regierung mit Premier Shinzo Abe arbeitet zurzeit die Rahmenbedingungen aus.
- Grosse Casinos wie in Las Vegas, Singapur oder Macau sollen auch in Japan künftig Touristen aus dem Ausland anlocken und so die Wirtschaft ankurbeln.
- In Japan gibt es schon jetzt Tausende Spielsüchtige in den rund 12'000 Pachinko-Hallen – trotz Glücksspielverbots mit direkten Geldgewinnen. «Umtausch» heisst die Lösung.
Kügelchen schiessen in die Höhe, an Schildkröten und roten Fischen und Zauberern vorbei. Dutzende sitzen vor den blinkenden Automaten und spielen Pachinko – eine Mischung aus Flipperkasten und Glücksspielautomat. Doch Geld gibt es nicht zu gewinnen. Das ist in Japan nicht erlaubt. Stattdessen gibt es Sachpreise wie Zigaretten, Feuerzeuge und Snacks, welche dann in einem anderen Geschäft gegen Geld umgetauscht werden können.
Legal zocken trotz Verbots
Die Betreiber der Pachinko-Hallen selbst dürfen mit dem Umtausch des Sachpreises nichts zu tun haben. Was der Kunde mit dem Preis anstellt, ist dessen Angelegenheit.
«Es gibt in den Pachinko-Hallen aber auch kleine Goldbarren zu gewinnen», erzählt Taisuke Nozaki vom «Amusement Japan Pachinko Magazine», einer Fachzeitschrift der Branche. Die Umtausch-Geschäfte haben sich auf die Pachinko-Hallen spezialisiert. Sie ermöglichen das Zocken, ohne gegen das Gesetz zu verstossen.
Ein besonderer Kreislauf
Die Pachinko-Hallen und die Umtausch-Geschäfte seien aufeinander angewiesen, erklärt Wirtschaftsprofessor Takeo Shibata von der Seigakuin Universität: «Der Käufer, der den Preis abkauft, ist nicht unabhängig. Dieselben Sachpreise tauchen am nächsten Tag wieder in den Regalen der Pachinko-Hallen auf.»
Umtauschgeschäfte haben in Japan Tradition: Aufgekommen sind sie nach dem Zweiten Weltkrieg, als Kriegswitwen Spielern gewonnene Zigaretten abkauften und diese weiterverkauften. Daraus ist später eine ganze Industrie entstanden: Rund 12‘000 Pachinko Spielhallen gibt es im Land.
Spielsucht ist weitverbreitet
Neben Lotterien und Sportwetten sind die Pachinko- Automaten eine der wenigen Möglichkeiten für Japaner, um Geld zu spielen. Laut einer Studie des japanischen Gesundheitsministeriums könnten über fünf Millionen Japaner spielsüchtig sein, umgerechnet einer von 20 Erwachsenen.
Ungeachtet dessen will nun Japan die Glücksspielindustrie weiter ausbauen. Im letzten Dezember verabschiedete das Parlament ein Casino-Gesetz. Die Regierung unter Premierminister Shinzo Abe arbeitet zurzeit an den Rahmenbedingungen.
Das sei ein grosser Fehler und werde vermutlich der Gesellschaft zusätzlich schaden, kritisiert der Ökonom und Glücksspielexperte Shibata. «Beim Pachinko kann man an einem Tag maximal 300.000 Yen (2800 Franken) verlieren. Im Casino können Sie pro Tag locker das Zehnfache verspielen.»
Nur Touristen im Visier?
Doch Japans Regierung will mit den Casinos den Tourismus ankurbeln. Vorbilder sind asiatische Casino-Städte wie Singapur oder Macau, wo grosse US-Casino-Betreiber locken.
Vor allem die ältere Generation hat viel Geld gespart und gibt es nicht aus.
Shibata ist allerdings skeptisch und verweist auf das Alleinstellungsmerkmal der genannten Casino-Hochburgen. Japan habe ganz andere Ressourcen und viele Sehenswürdigkeiten. «Glauben Sie wirklich, dass jemand extra nach Japan reist, nur um in den Casinos um Geld zu spielen?»
Es gehe also nicht nur um die Touristen, sondern um die Japaner selbst, folgert Shibata. Denn vor allem die ältere Generation habe viel Geld gespart, gebe es aber nicht aus. Mit den Casinos werde also der Konsum im Inland angekurbelt – auf Kosten der japanischen Gesellschaft.