Als Donald Trump am 20. Januar 2017 um 12 Uhr mittags in Washington seinen Amtseid als 45. Präsident der Vereinigten Staaten ablegte, rieben sich noch immer viele Demokraten in Schockstarre die Augen. Statt den sicher geglaubten Sieg Hillary Clintons zu feiern, fanden sie sich plötzlich bei der Inauguration des rüpelhaften Konkurrenten wieder.
Alle waren sie gekommen: Hillary Clinton mitsamt Gatte Bill, das scheidende Präsidentenpaar Barack und Michelle Obama – sogar alt-Präsident Jimmy Carter hatte zugesagt, der Amtseinführung von Donald Trump beizuwohnen.
Es lief alles nach Protokoll an diesem kalten Januartag in der US-Hauptstadt. Zunächst kamen Donald und Melania Trump mit dem Autokonvoi beim Weissen Haus an und wurden von Barack und Michelle Obama begrüsst, eine etwas unbeholfene Formalie.
Danach schwor Donald Trump beim Kapitol den Amtseid, wie all seine Vorgänger auch. Doch die Rede des neuen Präsidenten unterschied sich dann stark von den Reden, die man sich von frisch vereidigten US-Präsidenten gewohnt war. Im Zentrum seiner Rede stand der Wandel: «Das alles ändert sich jetzt und hier», rief Donald Trump von seinem Podium. Trump gab sich angriffig, versöhnliche Worte in Richtung Demokraten gab es keine.
SRF-USA-Korrespondent Peter Düggeli hielt damals fest, es sei bemerkenswert, wie nah Donald Trump bei der Rede an seiner Wahlkampfrhetorik geblieben sei. Die abschliessenden Worte Trumps waren dann auch sein Wahlkampf-Slogan: «We will make America great again!»
Nach der Rede folgten die Feierlichkeiten. Erst gab es in der Rotunde des Kapitols ein Mittagessen zu Ehren Trumps und seines Vizes Mike Pence. Im Anschluss inspizierte das neue Staatsoberhaupt die US-Streitkräfte und leitete dann die Militärparade vom Kapitol die Pennsylvania Avenue entlang. Am Abend gab es insgesamt drei festliche Bälle.
Doch dann hörte die Präsidentschaft von Donald Trump bereits wieder auf, einem Protokoll zu folgen. Einen ersten Vorgeschmack auf das, was da noch kommen sollte, gab es schon am nächsten Tag: Fast 500'000 Teilnehmer am Women's March protestierten gegen Trump. Dieser erwiderte lapidar, sie hätten halt wählen gehen müssen.
Donald Trump lieferte sich noch am selben Tag zudem einen Kleinkrieg mit den von ihm verhassten Medien. Der Grund: Der Aufmarsch an seiner Inauguration. Medien hatten berichtet, dass bei seiner Amtseinführung geschätzt 300'000 bis 600'000 Personen anwesend gewesen seien. Verglichen mit den 1.8 Millionen bei der ersten Inauguration seines Vorgängers Barack Obama wenig.
Der Unterschied ist auch durch Luftaufnahmen belegt. Doch Amerika und die Welt bekamen an diesem ersten Tag zum ersten Mal zu spüren, wie «alternative Fakten» die Präsidentschaft von Donald Trump prägen würden. Trump schickte am 21. Januar 2017 seinen Pressesprecher Sean Spicer vor, der der verdutzen Pressemannschaft die Leviten las.
Die Fotos seien extra aus einem nachteiligen Winkel für Donald Trump aufgenommen worden, liess Spicer unter anderem verlauten. Es handle sich um einen beschämenden Versuch, den Enthusiasmus zu bremsen.
«Das war das grösste Publikum, das je an einer Inauguration irgendwo auf der Welt teilgenommen hat – Punkt», fuhr Spicer fort. Es sollten in den nächsten vier Jahren noch viele Lügen von Trump und seinem Umfeld folgen – oder wie es Trumps Beraterin Kellyanne Conway später zum stehenden Begriff machte: «Alternative Fakten».