- Der britische Aussenminister Boris Johnson tritt zurück.
- Johnson galt als wichtigster Brexit-Wortführer im Kabinett.
- Die Nachfolge im Amt des Aussenministers werde in Kürze bekanntgegeben.
Wenige Stunden nach Brexit-Minister David Davis ist nun auch der britische Aussenminister Boris Johnson weg. In einem Tweet äusserte er grosses Bedauern und erklärte seine Beweggründe:
Nur knapp neun Monate vor dem EU-Austritt am 29. März 2019 steckt die Regierung von Premierministerin Theresa May in einer massiven Krise. Premierministerin Theresa May habe die Demission akzeptiert, teilte ihr Büro in einer E-Mail mit.
Johnson galt als einer der Hauptkritiker Mays und hatte ihren Brexit-Kurs immer wieder als zu weich angegriffen. Der ehemalige Londoner Bürgermeister war das Gesicht der Brexit-Kampagne und Wortführer der EU-Gegner in Grossbritannien.
Rebellion gegen May
Premierministerin May hat im britischen Unterhaus ihren Kurs in den Brexit-Verhandlungen verteidigt. Sie bedauerte den Rückzug von Johnson und Davis. Ihr Ziel, weiterhin enge Beziehungen zur EU zu pflegen, schütze Arbeitsplätze und sei das Beste für die Bevölkerung, sagte May. «Es ist der richtige Deal für Grossbritannien.»
Zugleich forderte die EU zu mehr Entgegenkommen in den Brexit-Verhandlungen auf. Falls Brüssel sich nicht konstruktiver verhalte, drohe ein EU-Ausstieg des Königreichs ohne ein Abkommen, sagte May weiter. Das britische Angebot sei herausfordernd für die EU und müsse nun eingehend studiert werden.
Unter den britischen Konservativen herrscht aber ein erbitterter Streit darüber, ob es einen «harten» oder «weichen» Brexit geben soll. Johnson gehörte zu den Hardlinern in der britischen Regierung.
May hatte ihr Kabinett am Freitag zu einer zwölfstündigen Sitzung versammelt. Am Abend verkündete May, die Regierung habe sich auf eine neue Strategie für den EU-Austritt verständigt. Doch die Einigung kam nur unter grossem Druck zustande. May hatte sich mit einer Freihandelszone für Waren und landwirtschaftliche Güter durchgesetzt. Die anderen drei Freiheiten des EU-Binnenmarkts – Kapital, Arbeitskräfte und Dienstleistungen – sollen aber Beschränkungen unterworfen werden.
Opposition spricht von Chaos
Im Unterhaus warf Labour-Chef Jeremy Corbyn der Regierung Chaos und mangelnde Glaubwürdigkeit vor: «Wie kann irgendjemand der Premierministerin zutrauen, einen guten Deal mit 27 EU-Regierungen zu bekommen, wenn sie nicht mal einen Deal innerhalb ihres eigenen Kabinetts aushandeln kann?»
Corbyn erinnerte daran, dass seit dem Brexit-Referendum inzwischen zwei Jahre vergangen sind. Es blieben nur noch ein paar Monate für Verhandlungen. «Wir haben eine Regierungskrise, zwei Minister sind zurückgetreten und uns ist immer noch nicht klarer, wie die künftige Beziehung zu unseren nächsten Nachbarn und wichtigsten Partnern aussehen wird.»
EU reibt sich die Hände
In einer Stellungnahme äusserte sich EU-Ratspräsident Donald Tusk zu den Rücktritten von Johnson und Davis: «Politiker kommen und gehen, aber die Probleme, die sie für die Menschen geschaffen haben, bleiben bestehen.»
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker fügte nur einen kurzen, sarkastischen Kommentar hinzu: Die Rücktritte bewiesen, dass bei der Klausur des britischen Kabinetts am Freitag grosses Einvernehmen geherrscht habe.