Was ist passiert? Das Team des Kremlgegners Alexej Nawalny hat dessen Tod bestätigt. Das teilte seine Sprecherin Kira Jarmysch bei X unter Berufung auf Nawalnys Mutter Ljudmila Nawalnaja mit. Sie sei ins Straflager im Norden Russlands gereist und habe dort die amtliche Todesnachricht erhalten. Der Tod des 47-Jährigen soll demnach am 16. Februar um 14:17 Uhr Ortszeit eingetreten sein. Am Freitag hatte bereits der russische Strafvollzug über Nawalnys Tod informiert.
Wie ist Nawalny gestorben? Die Umstände des Todes sind weiterhin unklar. Der nach der Einzelhaft körperlich geschwächte Nawalny war nach Angaben der russischen Gefängnisverwaltung am Freitag bei einem Hofgang im Straflager zusammengebrochen. Wiederbelebungsversuche seien erfolglos gewesen. Menschenrechtler werfen dem russischen Machtapparat Mord vor. Auch die Mitarbeiter des Anti-Korruptionskämpfers gehen davon aus, dass Nawalny gezielt getötet wurde.
Mindestens 400 Festnahmen in Russland – Proteste in ganz Europa
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Die weltweite Empörung über Nawalnys Tod bringt Menschen auf die Strassen, die Putin für den Verlust des prominenten Oppositionspolitikers verantwortlich machen.
Russland: Bei Versammlungen zum Gedenken an Alexej Nawalny in 36 Städten sind nach Angaben von Menschenrechtlern in Russland mittlerweile mehr als 400 Menschen festgenommen worden. Allein in St. Petersburg hätten die Behörden mindestens 200 Personen inhaftiert, teilte die Online-Bürgerrechtsplattform OVD-Info mit. Moskau verhängte Geld- und Arreststrafen wegen «Störung der öffentlichen Ordnung».
Berlin: Hunderte versammeln sich vor der russischen Botschaft, rufen Parolen gegen Putin. Transparente tragen Aufschriften wie «Putin ist ein Mörder».
Zürich: Über 300 Menschen gedenken Nawalny spontan auf dem Europaplatz. Plakate mit «Putin hat Nawalny getötet» werden gezeigt.
Genf: Rund 50 Menschen versammeln sich auf der Place des Nations, beschuldigen Putin als «meurtrier sanguinaire» (blutigen Mörder). «Never give up» und «Poutine a tué Navalny» sind auf Plakaten zu sehen.
Riga: Dutzende protestieren vor der russischen Botschaft, zünden Kerzen an, halten Fotos Nawalnys und Plakate hoch. Ähnliche Szenen in Tallinn, Estland.
Wo befindet sich Nawalnys Leiche? Laut «Nowaja Gaseta» ist der Leichnam in einem Spital der Stadt Salechard im hohen Norden Sibiriens aufgetaucht. Die Stadt liegt rund 50 Kilometer vom Straflager entfernt, in dem Nawalny starb. Unter Berufung auf Informanten berichtete die Zeitung zudem, dass der Körper des Toten blaue Flecken aufweisen soll. Eine offizielle Bestätigung für diese Angaben gibt es bislang nicht. Die Behörden wollen die Leiche nach Angaben von Nawalnys Teams noch mindestens 14 Tage weiter unter Verschluss halten. «Die Ermittler haben den Anwälten und der Mutter von Alexej gesagt, dass sie die Leiche nicht herausgeben», schrieb Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch am Montag auf X. Als Grund seien «chemische Untersuchungen» genannt worden, die am Toten vorgenommen werden sollen.
Russische Behörden halten laut Nawalnys Witwe Leichnam zurück
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Die Witwe von Alexej Nawalny hat den russischen Behörden vorgeworfen, den Leichnam ihres Mannes zurückzuhalten. Die Behörden warteten ab, bis keine Spuren des Nervengifts Nowitschok mehr nachzuweisen seien, erklärte Julia Nawalnaja in einer Videobotschaft. Sie warf dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vor, ihren Mann getötet zu haben, weil er Nawalny nicht habe brechen können.
Tausende Menschen unterstützen Petition
Mehr als 12'000 Menschen in Russland forderten laut Bürgerrechtlern bis Sonntagnachmittag in einem Aufruf, den Leichnam des in einem sibirischen Straflager ums Leben gekommenen Politikers an die Hinterbliebenen zu übergeben.
Die Bürgerrechtsplattform Owd-Info hatte die Petition erst am späten Samstagnachmittag gestartet. Die Herausgabe müsse schnell erfolgen, heisst es in der Erklärung: «Wenigstens nach seinem Tod sollte Alexej Nawalny bei seinen Angehörigen sein.»
Wie erging es Nawalny im Gefängnis? Klar ist, dass sich Nawalnys Gesundheitszustand in Haft verschlechterte. Er sass seit 2021 im Gefängnis und wurde im vergangenen Dezember in das Straflager «Polarwolf» im eisigen Norden des Landes verlegt. Es gilt als eine der härtesten Strafanstalten Russlands. Nawalny reichte wiederholt Klagen gegen den Strafvollzug ein, um auf die Verletzung seiner Rechte aufmerksam zu machen.
Warum wurde Nawalny inhaftiert? Nawalny hatte eine Gesamtstrafe von über 30 Jahren Haft wegen verschiedener Anschuldigungen erhalten, darunter Betrug und Extremismus. Er hatte die Anschuldigungen stets bestritten und das Vorgehen der Behörden gegen ihn als politisch motiviert bezeichnet. International galt er als politischer Gefangener. 2020 überlebte er nur knapp einen Nervengiftanschlag. Nawalny warf Putin vor, hinter dem Mordanschlag zu stecken.
Wie reagierten Nawalnys Unterstützer? In 36 russischen Städten fanden Versammlungen zum Gedenken Nawalnys statt, 400 Personen wurden verhaftet und wegen «Störung öffentlicher Ordnung» bestraft. Nawalnys Frau Julia Nawalnaja rief in einer kurzfristig anberaumten Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz zum Kampf gegen den russischen Machtapparat von Präsident Wladimir Putin auf: «Ich möchte die internationale Gemeinschaft aufrufen, zusammenzustehen und dieses Böse zu besiegen, dieses furchtbare Regime, das heute über Russland herrscht.» Sie werde das Werk ihres Mannes fortführen und für ein freies Russland kämpfen.
Wie sind die Reaktionen in Russland? «Unter Oppositionellen herrscht, Schock, Ungläubigkeit und Wut», sagt SRF-Russlandkorrespondent Calum MacKenzie. Für viele Menschen auch in Russland sei klar, dass Nawalny vom Kreml ermordet wurde – schliesslich hatte das der russische Geheimdienst ja bereits mindestens einmal versucht. Den staatlichen Medien sei die Todesnachricht nur eine kleine Meldung wert – was zum Umgang des Kremls mit dem Oppositionspolitiker passe, so MacKenzie.
Internationale Forderungen nach Aufklärung und Sanktionen
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Nach dem Tod des russischen Oppositionspolitikers hat das deutsche Aussenministerium den russischen Botschafter einbestellt.
Zudem wollen Deutschland und andere EU-Staaten nach dem Tod des Kremlgegners weitere Sanktionen gegen Russland auf den Weg bringen. Am Dienstag hat Moskau eine von der EU geforderte internationale Untersuchung zum Tod des inhaftierten Oppositionellen abgelehnt. «Solche Forderungen akzeptieren wir überhaupt nicht», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.
Weiter fordern auch die G7-Aussenminister Russland dazu auf, die Umstände von Nawalnys Tod vollständig aufzuklären. «Er wurde zu Unrecht für legitime politische Aktivitäten und seinen Kampf gegen Korruption verurteilt», hiess es in einer von Italien veröffentlichten Erklärung. Italien hat derzeit den Vorsitz der Gruppe inne.
Schweiz verzichtet auf Einbestellung
Das Aussendepartement in Bern will den russischen Botschafter nicht einbestellen. Damit verzichtet die Schweiz auf Massnahmen, wie sie Deutschland, Grossbritannien, Frankreich und weitere Staaten ergriffen haben.
Die Schweiz verlange aber, dass die Umstände des Todes von Nawalny restlos aufgeklärt werden. Bern fordere deshalb eine entsprechende Untersuchung. «Die Schweiz hat die willkürliche Inhaftierung und Misshandlung von Alexej Nawalny in der Vergangenheit wiederholt angeprangert», betonte ein EDA-Sprecher gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Was bedeutet Nawalnys Tod für die Opposition? «Die russische Opposition war schon immer sehr zersplittert, es gab viele Zerwürfnisse und es war stets sehr schwer, die Gegner des Kremls zu vereinen», sagt SRF-Korrespondent Calum MacKenzie. Nawalny sei eine der wenigen Figuren gewesen, die viele verschiedene Menschen hinter sich sammeln konnte – auch wenn er umstritten gewesen sei. Doch: «Die möglichen Nachfolger aus seiner Organisation sind bei weitem nicht so charismatisch und mehrheitsfähig wie er. Die Zersplitterung der Opposition dürfte wieder zunehmen.»
Nawalnys Kampf gegen Putin
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Alexey Nawalny erlangte Bekanntheit durch seinen unermüdlichen Kampf gegen die Korruption im Machtapparat unter Präsident Putin. Sein Anti-Korruptions-Fonds baute landesweit eigene Strukturen auf, was politischen Einfluss mit sich brachte. Doch als Nawalnys Unterstützer politische Ämter errangen, reagierte die Führung in Moskau mit der Zerschlagung des Netzwerks und einem Verbot unter dem Vorwand der «Extremismus».
Trotz der Flucht einiger führender Köpfe seines Teams ins Ausland setzte Nawalny den Kampf gegen die kriminellen und mafiosen Machtstrukturen aus dem russischen Straflager heraus fort. Besonders während Putins Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 prangerte er als scharfer Kritiker nicht nur russische Kriegsverbrechen an, sondern warnte auch vor einer erneuten Wahl Putins, die seiner Meinung nach das Land ins Verderben führen würde.
Trotz der Risiken eines Mordanschlags kehrte Nawalny im Januar 2021 aus Deutschland zurück, wo er sich von einer Vergiftung mit dem Nervengift Nowitschok erholt hatte. Im selben Jahr wurde er mit dem Sacharow-Preis des Europaparlaments für geistige Freiheit ausgezeichnet, den seine Tochter Dascha entgegennahm.
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