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Alexej Nawalny ist tot
Aus 10 vor 10 vom 16.02.2024.
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Russischer Kremlkritiker Der Tod von Alexej Nawalny erschüttert die freie Welt

Alexej Nawalny soll im sibirischen Gefängnis auf einem Rundgang verstorben sein. Die Welt glaubt vieles, aber das nicht.

Die Reaktionen nach dem Tod des Kremlkritikers Alexej Nawalny liessen nicht lange auf sich warten. Und der Tenor ist eindeutig: Niemand nimmt die Unschuldsbekundungen Moskaus für bare Münze. Lakonischer Kommentar aus Moskau zu den Reaktionen: Die Erklärungen westlicher Politiker seien inakzeptabel und «absolut tollwütig», wird Kreml-Sprecher Dmitri Peskow von Interfax zitiert.

Dabei wagen es selbst in Russland einige Mutige, auf die Nachricht von Nawalnys Tod zu reagieren. Trotz eines hohen Polizeiaufgebots standen etwa im Moskauer Stadtzentrum Menschen Schlange, um Blumen an einer Gedenkstelle für Opfer politischer Repression abzulegen. Auch aus St. Petersburg, Jekaterinburg, Nischni Nowgorod und mehreren anderen Städten gab es ähnliche Bilder. Nawalnys Frau wandte sich an der Münchner Sicherheitskonferenz kurz nach der Nachricht vom Tod ihres Mannes ans Publikum. Sie rufe die gesamte internationale Gemeinschaft dazu auf, zusammenzustehen.

Die Rede von Julia Nawalnaja

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Die Gattin des russischen Kremlkritikers Alexey Nawalny hielt an der Sicherheitskonferenz in München am gleichen Tag eine Rede. Übersetzt von der Nachrichtenagentur Reuters.

«Guten Tag. Ganz herzlichen Dank, dass ich heute zu Ihnen sprechen darf. (...) Sie haben ja sicher diese entsetzliche Nachricht erhalten. Ich habe überlegt: Soll ich wirklich jetzt zu Ihnen sprechen? Oder soll ich zu meinen Kindern zurückfliegen? Und dann habe ich mich gefragt: Was hätte Alexej getan? An meiner Stelle? Und ich bin mir absolut sicher, er wäre hier geblieben. Er hätte zu Ihnen von diesem Platz ausgesprochen. 

Ich weiss nicht: Sollen wir diese furchtbaren Nachrichten glauben, die wir da gehört haben? Ich muss dazu sagen, dass wir diese Nachricht von den offiziellen Medien bekommen haben. Aber schon seit vielen Jahren – und das wissen Sie natürlich auch – können wir Putin und seiner Regierung nicht glauben. Sie lügen unaufhörlich. 

Aber wenn es tatsächlich stimmt, dann möchte ich, dass Putin und seine Umgebung, Putins Freunde, seine Regierung wissen, dass sie sich verantworten müssen. Für das, was sie unserem Land angetan haben, meiner Familie und meinem Mann. Und dieser Tag wird bald kommen. 

Ich möchte die gesamte internationale Gemeinschaft, all diejenigen in der Welt, die jetzt zuhören, dazu aufrufen, zusammenzustehen und dieses Böse zu besiegen, dieses furchtbare Regime, das heute über Russland herrscht. Dieses Regime und Wladimir Putin persönlich sollten zur Verantwortung gezogen werden für all diese Gräueltaten, die sie in den letzten Jahren in meinem Land, in unserem Land Russland verübt haben. Ich danke Ihnen.»

Der russische Oppositionspolitiker und abgelehnte Präsidentschaftsbewerber Boris Nadeschdin zeigte sich öffentlich bestürzt.

Abscheu und Entsetzen im Westen

US-Präsident Joe Biden hat Kremlchef Wladimir Putin direkt für den Tod von Nawalny verantwortlich gemacht. Biden betonte, dass trotz Unklarheiten über den Vorfall kein Zweifel daran bestehe, dass Nawalnys Tod eine Folge von Putins Handeln sei. Staatssekretär Antony Blinken sagte derweil in München, dass der Tod des russischen Oppositionsführers, wenn er wahr ist, unterstreiche, was er als «Schwäche und Fäulnis» des von Präsident Putin aufgebauten Systems bezeichne. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Vizepräsident Josep Borrell erklärten, die EU werde alles in ihrer Macht Stehende tun, um Russland für den Tod Nawalnys zur Rechenschaft zu ziehen.

Auch das EDA hat sich bestürzt geäussert. Der Russe sei ein Verfechter der Demokratie und der Grundrechte gewesen, schrieb das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Das EDA erwarte, dass eine Untersuchung über die Todesursache eingeleitet werde. Ins gleiche Horn stiess UNO-Generalsekretär Antonio Guterres mit seiner Forderung nach einer «umfassenden, glaubwürdigen und transparenten Untersuchung».

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz reagierte entsetzt auf Berichte über den Tod Nawalnys. «Wir wissen aber nun auch ganz genau, spätestens, was das für ein Regime ist», sagte der SPD-Politiker.

Internationale Proteste nach Nawalnys Tod

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Die weltweite Empörung über Nawalnys Tod bringt Menschen auf die Strassen, die Putin für den Verlust des prominenten Oppositionspolitikers verantwortlich machen.

  • Riga: Dutzende protestieren vor der russischen Botschaft, zünden Kerzen an, halten Fotos Nawalnys und Plakate hoch. Ähnliche Szenen in Tallinn, Estland.
  • Berlin: Hunderte versammeln sich vor der russischen Botschaft, rufen Parolen gegen Putin. Transparente tragen Aufschriften wie «Putin ist ein Mörder».
  • Zürich: Über 300 Menschen gedenken Nawalny spontan auf dem Europaplatz. Plakate mit «Putin hat Nawalny getötet» werden gezeigt.
  • Genf: Rund 50 Menschen versammeln sich auf der Place des Nations, beschuldigen Putin als «meurtrier sanguinaire» (blutigen Mörder). «Never give up» und «Poutine a tué Navalny» sind auf Plakaten zu sehen.

Im Zusammenhang mit Nawalnys Tod hat das UNO-Menschenrechtsbüro von Moskau die Freilassung aller staatlich Verfolgten gefordert. Das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen sei «entsetzt» über Nawalnys Tod, sagte die Sprecherin. Entsetzen kommt auch aus zahlreichen Aussenministerien von Riga bis Washington. So hat Frankreichs Aussenminister Stéphane Séjourné auf X geschrieben, Alexej Nawalnys Tod in einer Strafkolonie erinnere uns an die Realität des Regimes von Wladimir Putin.

EU-Ratspräsident Charles Michel schrieb ebenfalls auf der Plattform X: «Die EU macht das russische Regime allein für diesen tragischen Tod verantwortlich.»

Der britische Premierminister Rishi Sunak hat den Tod des russischen Kremlkritikers als «schreckliche Nachricht» bezeichnet. «Als schärfster Verfechter der russischen Demokratie hat Alexej Nawalny sein Leben lang unglaublichen Mut bewiesen», schrieb der Regierungschef auf X. «Meine Gedanken sind bei seiner Frau und dem russischen Volk, für das dies eine gewaltige Tragödie ist.»

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Christof Franzen zum Tod von Alexej Nawalny
Aus 10 vor 10 vom 16.02.2024.
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SRF zeigt Doku zu Nawalny

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Anlässlich des Todes von Kremlkritiker Alexej Nawalny zeigt SRF am Samstag, 17. Februar 2024, den Dokumentarfilm «Nawalny – Gift hinterlässt immer eine Spur» um 23:10 Uhr auf SRF 1. Der Film wird kurz darauf auch auf Play SRF abrufbar sein.

Tagesschau, 16.02.24, 18:00 Uhr ; 

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