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«Russischer Waschsalon» «Es ist erstaunlich einfach, Banken etwas vorzugaukeln»

Mehrere Milliarden Euro sollen gemäss Berichten eines Recherchenetzwerks über ein Geldwäschesystem aus Russland in den Westen gelangt sein. Millionenbeträge flossen dabei auch auf Schweizer Konten. Tamedia-Journalist Christian Brönnimann zeigt auf, wie auch hiesige Banken in der Abwehr von Geldwäscherei Lücken aufweisen.

Christian Brönnimann

Journalist

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Der Journalist des Recherche-Desks von Tamedia recherchierte monatelang im Fall des «russischen Geldwäsche-Salons».

SRF News: Wie haben Sie auf diese Ereignisse reagiert?

Christian Brönnimann: Am meisten erstaunt hat mich, wie einfach es offenbar war oder ist, Banken falsche Tatsachen vorzuspielen – indem Verträge aufgesetzt werden, die ein Geschäft darstellen, das es gar nicht gegeben hat.

Wie haben denn die reichen Russen Geld in den Westen gebracht?

Sie nutzten dafür eine Bank in Litauen. Die Bank gibt es inzwischen nicht mehr, sie wurde von den litauischen Behörden geschlossen – unter anderem wegen schweren Geldwäscheverdachts. Auf dieser Bank gab es sehr viele Konten, die von anonymen Offshore-Firmen gehalten, aber alle vom selben Personenkreis kontrolliert wurden. Auf diesen Konten ging das Geld hin und her – in sehr hohen Beträgen. Um den Banken vorzugaukeln, dass das alles legitim war, wurden auch Verträge aufgesetzt, die Geschäfte vorgegaukelten, die es in der Realität nicht gab.

Bankdokumente zeigen detailliert diesen angeblichen Geldwäscherei-Skandal. Was bedeutet das für die Schweizer Banken?

Dass auch die Schweizer Banken in der Geldwäscherei-Abwehr Lücken hatten, die offenbar ausgenutzt wurden. Dies, um Geld, dessen Herkunft man nicht zweifellos nachweisen konnte, auf den Schweizer Finanzplatz zu bringen. Die Banken haben das nicht gemerkt – oder wollten das nicht merken.

Wie unterscheidet sich diese Recherche von anderen Geldwäscherei-Lecks.

Wir haben zum ersten Mal in grosser Zahl Verträge gesehen, die die Bankkunden der Bank vorgelegt haben, um Transaktionen zu legitimieren. Diese Verträge gaukelten Geschäfte vor, dir in der Realität offensichtlich nicht so stattgefunden haben. Das sind zum Teil sehr offensichtliche Fehler, die in den Verträgen zu finden sind.

Es sind wirklich haarsträubende Unstimmigkeiten, die nur einen Schluss zulassen: Dass das nicht den Tatsachen entsprach.

Da wurden Käufer und Verkäufer vertauscht, Summen falsch gebildet, Währungen vertauscht. Es sind haarsträubende Unstimmigkeiten, die nur einen Schluss zulassen: Dass das nicht den Tatsachen entsprach.

Wie brisant schätzen Sie die Ergebnisse dieser Recherche ein?

Die Ergebnisse zeigen auf, wie das internationale Bankensystem systematisch genutzt werden kann, um Gelder in Milliardenhöhe zu verschieben. Dies kann verschiedene Gründe haben: Kapitalflucht, steuerliche Gründe – es kann aber auch sein, dass dies Gelder aus illegalen Aktivitäten waren. Die Brisanz liegt auch darin, dass sich Banken mit Dokumenten zufriedengeben, die einer Prüfung nicht standhalten.

...aber ein Strafverfahren wegen Geldwäscherei ist in diesem Fall bis heute nicht bekannt. Hat diese Recherche Folgen?

Schwierig zu prognostizieren. In der Schweiz gibt es sicherlich relativ grosse Hürden, um Ermittlungen aufzunehmen. Das würde ja den Tatbestand der Geldwäscherei betreffen. Und Strafermittler brauchen in der Schweiz eine Vortat, um Geldwäscherei vor Gericht zu bringen. Es muss erwiesen sein, dass das Geld aus einer illegalen Aktivität stammt.

Es ist nicht auszuschliessen, dass sich die Finma gewisse Banken genauer anschaut.

Die Vortat wäre in diesem Fall in Russland. Da ist es eher schwierig, dass überhaupt ein solches Ermittlungsverfahren in diesen Fällen abgeschlossen würde. Was nicht auszuschliessen ist, dass sich die Finma auf der aufsichtsrechtlichen Schiene gewisse Banken genauer anschaut – wenn sie das nicht sowieso schon gemacht hat.

Das Gespräch führte David Karasek.

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