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Im Tagesgespräch: Fredy Gsteiger – die NATO und ihre Fronten
Aus Rendez-vous vom 07.12.2016. Bild: SRF
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Russland, Trump, Türkei Die grössten Baustellen der Nato

Grosses Stelldichein der Nato-Aussenminister in Brüssel. Doch das Verteidigungsbündnis steht vor vielen Herausforderungen. Wir haben die wichtigsten Konfliktherde zusammengestellt.

  • Das Verhältnis zu Russland:

Annäherung oder Abschreckung? «In der Russland-Frage ist die Nato gespalten», sagt Fredy Gsteiger, diplomatischer Korrespondent von SRF. Mitglieder wie die baltischen Staaten oder Polen fürchten sich vor russischem Einfluss, Grossbritannien ist traditionell kritisch gegenüber Russland eingestellt.

Andere Nato-Mitglieder gehen vermehrt auf Tuchfühlung mit dem Kreml: Ungarn oder Bulgarien haben pro-russische Staatschefs, Griechenland führt enge Wirtschaftsbeziehungen mit Russland und auch der französische Präsidentschaftskandidat François Fillon gilt als Russland-freundlich. Und wie sich der künftige US-Präsident Donald Trump ausrichten wird, ist nach wie vor unklar. Klar ist für Fredy Gsteiger: «Man ist sich nicht mehr einig darüber, wie die Abschreckung gegenüber Russland aussehen soll.»

  • Schutz für Osteuropa:

Schlecht sei die Uneinigkeit der Nato in der Russland-Frage vor allem für die baltischen Staaten, aber auch für Polen oder Rumänien, sagt Gsteiger. Seit dem Ukraine-Konflikt ist dort die Angst vor einer russischen Bedrohung gewachsen. Am Nato-Gipfel in Warschau im Juli habe man den Entscheid 4000 Soldaten in Polen und im Baltikum zu stationieren noch mit grosser Entschiedenheit vertreten. Diese militärische Positionierung sei aber nicht mehr glaubwürdig, wenn es immer mehr Nato-Staaten gebe, die einen Versöhnungskurs gegenüber Russland starten wollten, so Gsteiger.

  • Der Ukraine-Konflikt:

Fredy Gsteiger

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Der diplomatische Korrespondent ist stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St.Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» und Chefredaktor der «Weltwoche».

Auch an diesem Schauplatz stehe das Verhältnis der Nato zu Russland über allem, so Gsteiger. Die Nato ist in der Ukraine präsent mit der Ausbildung von Streitkräften und ein möglicher Bündnisbeitritt des Landes steht immer noch im Gespräch. Die künftige Präsenz im Land wird von der Ausrichtung gegenüber Russland abhängen.

  • Der neue US-Präsident:

Ein grosses Fragezeichen steht auch hinter der Ausrichtung des wichtigsten Bündnispartners unter Präsident Donald Trump. «Mit seiner Wahl wurde die Nato auf dem falschen Fuss erwischt», sagt Fredy Gsteiger. Man habe diesbezüglich keine Szenarien entworfen und setze nun auf Abwarten. Unklar sei, ob sich Trump überhaupt der Bündnispflicht innerhalb der Nato verpflichtet fühle und wie seine Ausrichtung gegenüber Russland sein wird.

Viel hänge hier von den Personen in Trumps Kabinett ab. Während der künftige Nationale Sicherheitsberater Mike Flynn als relativ Russland-nah gelte, werde der designierte Verteidigungsminister James Mattis bei der Nato positiv beurteilt, so Gsteiger. Abzuwarten bleibt, wen Trump als Aussenminister und Nato-Botschafter nominiert.

Viel wichtiger sei aber die Frage, ob Trump auf seine Regierung hören wird, hält Gsteiger fest. Symbolisch wichtig wäre, dass Trump zuerst die Nato und erst dann Präsident Putin besuchen wird. «Der umgekehrte Fall wäre ein schlechtes Zeichen», so Gsteiger. Bei der Nato herrschten deshalb grosse Bestrebungen möglichst bald im neuen Jahr einen Nato-Gipfel zu organisieren.

  • Der Kurswechsel der Türkei

Grosse Sorgen bereitet der Nato auch der Kurswechsel in der Türkei unter Präsident Erdogan. Bis anhin galt das Land als grosser und wichtiger Südostpfeiler der Nato, erklärt Gsteiger. Nun sei die Türkei in doppelter Hinsicht ein Problem für die Nato. Die zunehmend autoritäre Regierungsform Erdogans passe nicht mehr wirklich in die Wertegemeinschaft der Nato. Gleichzeitig liebäugle auch Erdogan mit Russland. Doch einen Rauswurf der Türkei aus dem Bündnis könne sich die Nato nicht leisten, sagt Gsteiger. «Dann wäre plötzlich der Puffer zum unsicheren, chaotischen Nahen Osten weg.»

  • Afghanistan als Dauerthema:

Eine Mission, die lange Zeit als Auslaufmodell galt, könnte bald wieder aktuell werden. Die Nato behaupte zwar, Afghanistan sei inzwischen ein zumindest halbwegs stabilisiertes Land, sagt Gsteiger. Doch tatsächlich schrumpfe der territoriale Einfluss der Regierung immer mehr und das Land drohe erneut zum Tummelfeld für internationale Terrororganisationen zu werden. «Die Nato gibt dies zwar nicht zu, wird sich aber noch lange mit dem Land beschäftigen müssen», so Gsteiger.

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