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Reputation des russischen Geheimdienstes ist angeschlagen
Aus Echo der Zeit vom 29.04.2024. Bild: SPUTNIK
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Russlands Inlandgeheimdienst Der russische Inlandsgeheimdienst fabriziert oft Verräter

Der Terroranschlag nahe Moskau hat Fragen aufgeworfen. Arbeiten Putins Geheimdienstler wegen des Kriegs weniger genau?

Der FSB hat den Anschlag auf die «Krokus City» nicht verhindern können – trotz Vorwarnung: Laut amerikanischen Medienberichten sollen die USA den russischen Behörden das Einkaufszentrum zuvor gar spezifisch als mögliches Ziel genannt haben. Russische unabhängige Medien fragen sich, wie das dem mächtigen FSB passieren konnte. Für interne Sicherheit gibt der russische Staat immerhin 15 Prozent seines Gesamtbudgets aus.

Zum Geheimdienst FSB

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Der FSB hat geschätzt bis zu 350'000 Mitarbeitende und ist wohl das prestigeträchtigste der sogenannten «Organe» des russischen Staates. Der ehemalige KGB-Agent Wladimir Putin leitete den Dienst vor seiner Präsidentschaft und steht ihm bis heute nahe. Enge Vertraute des Präsidenten kommen aus dem FSB. Der Geheimdienst gilt als Hort der russisch-imperialen Ideologie, die Putins Politik über die Jahre immer mehr geprägt hat. Seine Leute sehen hinter vielen Angriffen auf Russland eine westliche Verschwörung, so auch hinter dem jüngsten Anschlag.

Unter Putin hat der FSB seinen Kompetenzbereich laufend erweitert: «Russlands neuer Adel», wie ihn gewisse Fachleute bezeichnen, trägt die Macht des Kremls in jeden Winkel der russischen Gesellschaft: FSB-Chef Alexander Bortnikow ist Putin direkt unterstellt, und der Dienst ist zuständig für den Schutz der Grenzen, für das Besatzungsregime in der Ukraine, für die Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität und Drogenhandel sowie der Opposition und der kritischen Zivilgesellschaft.

Doch der Soziologe Kirill Titajew von der amerikanischen Universität Yale relativiert die Vorwürfe gegen den Geheimdienst. Der Russe forscht zu den Sicherheitsbehörden in seiner Heimat. Die Einsatzkräfte hätten nach dem Anschlag vieles richtig gemacht.

Krokus Hall, der Ort des Anschlags in Moskau
Legende: Der Anschlag in Moskau wirft die Frage auf, ob der Geheimdienst FSB Fehler gemacht hat. Keystone/Maxim Shipenkov

Sie hätten schnell reagiert und seien vorsichtig vorgegangen, so Titajew. Gut organisierte Terroristen mit Schusswaffen seien für keinen Geheimdienst einfach aufzuhalten, auch mit Vorwarnung: «Das Einkaufszentrum war wohl nur eines von vielen potenziellen Zielen. Es ist sehr schwierig, alle zu überwachen.»

Dennoch: Die Reputation des FSB ist angeschlagen. Er war es, der dem Kreml einen raschen Sieg gegen die Ukraine voraussagte. Er hat sich vom Aufstand der Wagner-Truppen letzten Sommer überraschen lassen. Und nun dieser Terroranschlag: Mit ihrer demonstrativen Folter der mutmasslichen Täter schienen die Agenten zuzugeben, dass sie für etwas kompensieren wollten.

Fabrizierte Fälle

Die seit Kriegsbeginn verschärfte Repression gegen Andersdenkende schade dem Geheimdienst, sagt Kirill Titajew. Und sie könnte eine weitere Antwort auf die Frage geben, weshalb die Terrorattacke nicht verhindert wurde.

Der FSB ermittle ständig gegen angebliche Spione oder Verräter, die gar keine seien. «Wenn der Geheimdienst vor allem Fälle fabriziert, nimmt seine Fähigkeit, echte Terroristen zu finden, ab», sagt der Forscher. Zudem habe der FSB nun zusätzliche Aufgaben. Agenten, die sonst etwa unregistrierte Waffen aufspüren sollten, arbeiteten jetzt zum Beispiel in der besetzten Ukraine. «Paradoxerweise hat der Kriegszustand die Sicherheitskräfte in diesem Sinne geschwächt», so Titajew. 

Titajew hat beim FSB auch andere Entwicklungen festgestellt. So sei es üblich geworden, offen politische Anklagen gegen Dissidenten zu erheben, anstatt die Repression wie früher als Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität zu tarnen. Ein Beispiel ist der verstorbene Alexej Nawalny, der ursprünglich wegen angeblichen Betrugs ins Gefängnis kam, nach Kriegsbeginn aber nachträglich wegen «Extremismus» verurteilt wurde.

Tendenz zur Gewalt

Ausserdem sei jetzt ein viel grösserer Teil des FSB-Personals an Einsätzen beteiligt, bei denen sie willkürlich Gewalt anwenden dürften, vor allem in der Ukraine. «Studien haben gezeigt, dass wer in einem solchen Umfeld gearbeitet hat, dann auch bei seiner üblichen Berufstätigkeit mehr Gewalt anwenden wird», sagt Titajew.

Die konkreten Auswirkungen müsse man noch abwarten, so der Soziologe. Seine Analysen deuten aber darauf hin, dass der Krieg den mächtigen FSB nicht nur brutaler macht, sondern auch weniger kompetent.

Krieg in der Ukraine

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Echo der Zeit, 29.04.2024, 18 Uhr, kesm

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