Der Werbespot der ungarischen Regierung für die Autobatteriefabrik von Samsung verspricht weit über tausend neue Arbeitsplätze, eine Schlüsselrolle für Ungarn in der Elektro-Autoherstellung.
Die Regierung verspricht auch eine grünere Zukunft. «Aber nicht für uns hier in Göd», sagt die Umweltaktivistin Zsuzsanna Bodnar. Sie wohnt hier und hat Angst, dass die neue Fabrik die Luft, das Grundwasser und die nahe Donau verschmutzt.
Es ist völlig unklar, wie gut Samsung auf einen Unfall vorbereitet ist, bei dem giftige Stoffe in die Umgebung gelangen könnten.
«Die Bewilligung für die neue Fabrik wurde erteilt, ohne genauer zu untersuchen, welche Folgen die Batterieproduktion für die Umwelt hat», sagt Bodnar. Insbesondere sei völlig unklar, wie gut Samsung für einen Unfall vorbereitet sei, bei dem giftige Stoffe in die Umgebung gelangen könnten.
Ebenfalls Angst vor einem solchen Unfall hat Csaba Balogh. Mit dem Slogan «Tragen wir Sorge zu Göd» hat er letztes Jahr bei den Lokalwahlen den Kandidaten der ungarischen Regierungspartei Fidesz geschlagen. Seither ist er Bürgermeister der Kleinstadt.
Samsung weigere sich, mehr Informationen zur Sicherheit der neuen Fabrik herauszurücken, sagt Balogh. «Und rechtlich gesehen müssen sie das auch nicht. Seit die Regierung die Fabrik und grosse Flächen drum herum zur Sonderwirtschaftszone erklärt hat, haben wir kein Recht mehr, auch nur Fragen zu stellen.»
Die erste und bislang einzige Sonderwirtschaftszone Ungarns liegt in Göd. Die Kleinstadt verliert die Zuständigkeit für einen Fünftel des Gemeindegebiets, eine Fläche eineinhalb Mal so gross wie die Altstadt von Bern. Und: Göd verliert ein Drittel seiner Steuereinnahmen.
«Wir werden den Lebensstandard für die lokale Bevölkerung nicht halten können», sagt der Bürgermeister. Geplante Projekte, zum Beispiel ein dringend benötigter Kindergarten, müssten gestoppt werden. Zudem werde die Kleinstadt unter dem zusätzlichen Verkehr rund um die neue Batteriefabrik leiden.
Dass Göd im Gegenzug von den vielen neuen Stellen profitiert, glaubt der Bürgermeister nicht. Die meisten Angestellten in der Samsungfabrik kämen von ausserhalb der EU, lebten nicht in Göd. Und zudem gebe es hier sowieso kaum Arbeitslose. Mit der Einführung von Sonderwirtschaftszonen helfe die Regierung vor allem ausländischen Grosskonzernen.
«Die Regierung will, dass ihre Leute bei grossen Investitionen alles entscheiden können», sagt Balogh. Deshalb wolle sie Gemeinden entmachten, in denen seit den Lokalwahlen letztes Jahr Regierungsgegner wie er an der Macht sind.
«Aber nein», sagt in der Hauptstadt Budapest der ungarische Regierungssprecher, Zoltan Kovacs. Milliardeninvestitionen wie die von Samsung überforderten Kleinstädte wie Göd. Sie seien nicht in der Lage, zu entscheiden, was am besten für die ganze Region, was am besten für die Nachbarschaft sei.
Werden Wahlverluste wieder wettgemacht?
Den Vorwurf, die Regierung entmachte die Gemeinden, lässt der Regierungssprecher nicht gelten. Schliesslich seien neu die Komitate zuständig, eine Art Kantone, bislang ohne viele Kompetenzen.
Was Kovacs nicht sagt: Während die Regierungspartei einige ungarische Städte wie eben Göd an die Opposition verloren hat, kontrolliert Orbans Fidesz nach wie vor sämtliche 19 Komitate Ungarns. Wenn die Regierung Kompetenzen von den Gemeinden dorthin verlagert, ist das sicher kein Zufall.