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Schärferer Asyl-Kurs Friedrich Merz, die AfD und der Krater in der Brandmauer

Als die Brandmauer zittert und es kracht, ist es 17.40 Uhr. Erstmals erreicht die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag ein politisches Ziel mithilfe der AfD, der Alternative für Deutschland. Es geht um Verschärfungen in der Asyl- und Zuwanderungsfrage, welche den Wahlkampf dominiert, besonders stark nach der Tat von Aschaffenburg genau vor einer Woche.

Ein abgewiesener Asylbewerber aus Afghanistan tötete zwei Menschen, einen zweijährigen Knaben und einen 41-jährigen Mann, der das Kind beschützen wollte. Die letzte Tat in einer Folge von tödlichen Angriffen in Deutschland, die von Geflüchteten verübt wurden. Aschaffenburg brachte das Fass zum Überlaufen.

Die Tat hatte zur Folge, dass CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz sein Prinzip «Brandmauer» über Bord warf, zumindest auf Bundesebene nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten. Wenn es jetzt, kurz vor der Wahl darum gehe, Gesetze zu verschärfen, schaue er nicht «nach links oder nach rechts, sondern geradeaus». Im Klartext: Wenn die AfD den CDU-Vorschlägen zustimmen wolle, solle sie das tun.

Bei der AfD löste die Kursänderung von Merz Jubel aus. Die Brandmauer sei gefallen, postete AfD-Chefin und Kanzlerkandidatin Alice Weidel auf X.

Todesstoss oder Machtdemonstration: das Dilemma der CDU

Jetzt also sind CDU und AfD in der Migrationsfrage einer Meinung. Es gibt zwei Lesarten dieses historischen Vorgangs – so einfach ist es nämlich nicht, sondern sehr knifflig.

  1. Die Brandmauer lähmt den politischen Betrieb, weil die Parteien nur noch Entscheidungen treffen können, welche die AfD ablehnt. Soll die CDU als bürgerliche Partei darauf verzichten, Vorstösse einzureichen, die zwar – zumindest teilweise – ihrem vor-merkelschen Markenkern entsprechen, aber Gefahr laufen, Support von der AfD zu erhalten? Macht sich die CDU durchs Nichtstun nicht zur Geisel der AfD?
  2. Wenn die CDU mit der AfD zusammenarbeitet oder deren Zustimmung wie heute toleriert, bereitet sie der in Teilen rechtsextremen Partei den Weg in die bürgerliche Mitte. Auch wenn Merz die AfD hart kritisiert, die Distanz betont. Das Extreme wird normalisiert und führt dazu, dass die CDU als Kopistin von AfD-Anliegen wahrgenommen wird – und am Ende vom Wähler und von der Wählerin abgestraft wird, weil das Original, also die AfD, glaubwürdiger ist. Wie bei Le Pen in Frankreich oder Kickl in Österreich.

Was machen eigentlich SPD und Grüne?

Kanzler Scholz stemmt sich heute in seiner Regierungserklärung mit aller Kraft gegen die Pläne seines Konkurrenten Merz. «Menschlichkeit und Gerechtigkeit» seien für Deutschland zentral. Zwei Stunden zuvor erst gedachte der Bundestag der Befreiung von Auschwitz. Das Recht auf Asyl sei die Antwort auf das Grauen der Nazi-Herrschaft. Dazu stehe die faktische Durchlöcherung des Asylrechts, die Merz wolle, im krassen Gegensatz.

Scholz hofft, dass ihn die moralische Stärke gegen die AfD im Kanzleramt halten kann, hofft, dass seine Rezepte genügen. Er sei, sagt Scholz, mit seinen Massnahmen schon hart an die Grenzen der Verfassung und des EU-Rechts gegangen.

So geht es weiter

Heute ging es um zwei Vorstösse, die gesetzlich keine Wirkung haben – ähnlich einer Motion in der Schweiz. Am Freitag dann wird über das «Zu­strom­begrenz­ungs­gesetz» abgestimmt.

War das heute der Testlauf? Finden sich Mehrheiten ohne AfD? Merz machte das Angebot heute. Und was bedeutet das für die Wahl, welche Lesart haben die Wählerinnen und Wähler? Am 23. Februar werden wir es wissen. Um 18 Uhr.

Stefan Reinhart

Leiter der Ausland-Korrespondentinnen und -Korrespondenten

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Stefan Reinhart ist Leiter der Ausland-Korrespondentinnen und -Korrespondenten und Chef vom Dienst im Newsroom Zürich. Zuvor war er Deutschland-Korrespondent für SRF.

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Eine Mauer, darauf ein Plakat mit Friedrich Merz. Die Mauer schenit zu brökeln, dahinter afd- und deutshlandfahnen
Legende: Bröckelt die «Brandmauer»? Kanzlerkandidat Merz wirft sein Prinzip über Bord. (Symbolbild) IMAGO / Wolfgang Maria Weber

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SRF 4 News, 29.01.2025, 18:00 Uhr

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