Bilder der Entspannung: Lachende Kinder, die über die Wiese rennen, um sich am Brunnen abzukühlen. Erwachsene, ein bisschen langsamer, die schweren Picknick-Körbe tragend, auf der Suche nach einem schönen Plätzchen.
Der Park in Teheran ist riesig. Die Sonne ist untergegangen, ein Hochsommerabend im Ramadan. «Iftar», Essenszeit – und der Moment, in dem der Druck des Alltags abfällt. Einfach nur sein. So wie diese fünf Freunde, die den Abend in vollen Zügen geniessen und von der Politik gerade nichts wissen wollen oder versuchen, die Hoffnung klein zu halten.
«Es wird übertrieben. Ein Abkommen und die Aufhebung der Sanktionen werden keinen direkten Einfluss haben auf unser Leben, es wird vor allem das Verhältnis zwischen den Staaten verbessern», sagt Saeedeh, eine junge Juristin. Und ihr Freund Amir, der ein Geschäft im Basar hat, fährt fort: «Wir müssen Geduld haben, Geduld.»
Freiheit, Reformen und Normalität
Sich vor der möglichen Enttäuschung schützen. Die Träume für sich behalten. Aber sobald das Mikrofon aus ist, sprudelt es nur so aus ihnen heraus. Sie sprechen über ihre Sehnsucht nach Freiheit. «Azadi», immer wieder Freiheit. Und Reformen. Und Normalität.
Wir müssen uns an die Realität anpassen. Wir sind Teil dieser Gesellschaft, aber eigentlich leben wir nebeneinander her: Wir, die junge Generation und die, die uns regieren.
Eine schmale junge Frau, Atafeh, ganz allein auf einer Bank. Auch sie sehnt den Wandel herbei. «Persönlich komme ich als Beamtin gut über die Runden. Aber es ist wichtig, dass die Sanktionen aufgehoben werden. Es gibt so grosse Klassenunterschiede hier, so viele reiche aber noch viel mehr arme Leute», sagt sie.
Dass nun auch die oberste Führung des Landes, das geistliche Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei, das Atomabkommen mit dem Westen offensichtlich will, findet Atafeh gut. Vieldeutig aber fügt sie an: «Wir müssen uns an die Realität anpassen. Wir sind Teil dieser Gesellschaft, aber eigentlich leben wir nebeneinander her: Wir, die junge Generation und die, die uns regieren.»
Traum von einer Reise nach Amerika
Das ist anstrengend. Atafeh möchte ausbrechen. Reisen, vielleicht sogar nach Amerika emigrieren. «Ich hab so viel von diesem Land gehört, ich möchte es sehen», sagt sie.
Amerika kommt näher – indirekt zumindest. Nach jahrzehntelanger Feindschaft, Eiszeit und gegenseitiger Dämonisierung wird oder würde ein Abkommen das Verhältnis zwischen dem Iran und den USA ein Stück weit normalisieren. Die Chancen stehen nicht schlecht, beide Seiten haben sehr viel investiert. Auch in Teheran glauben die meisten, der Deal gelinge. Vielleicht nicht diese Woche, aber dann ein paar Tage später.
«Es muss geschehen», sagt eine 17-jährige Schülerin, die mit ihrer Familie im Park ist. Das rosa Tuch hat sie elegant um den Kopf geschlungen, Politik interessiert sie brennend: «Die Sanktionen drücken auf alles hier, jeder Teil unseres Lebens ist betroffen. Es ist wirklich schwer.» Trotzdem sieht die Schülerin ihre Zukunft hier. Sie liebe dieses Land.
Rohani braucht zweite Amtszeit
Man sagt, der Iran habe ein riesiges Potential. Nicht nur Öl, sondern auch sehr viele sehr gut ausgebildete junge Leute. Die Arbeitslosigkeit ist eines der ganz grossen Probleme. Es anzugehen ist möglich, wenn sich die Wirtschaft erholt. Aber das Land braucht auch politische Reformen.
«Unbedingt», sagt der Architekturstudent Fuad, der unter einem Baum sitzt und liest. Und wieder kommt es, das Wort «Azadi», Freiheit. Die Freiheit zum Beispiel mit Mädchen und Jungen zusammen zu sein hier. Ganz natürlich, ohne dass einer kommen und fragen kann, um was für eine Art Beziehung es sich hier handle. Normalität halt.
Präsident Hassan Rohani hat der iranischen Bevölkerung viel versprochen, auch politische Reformen. Um dies einzulösen, braucht er eine zweite Amtszeit. Ein Atomabkommen würde ihm diese vermutlich garantieren.