Tausende brasilianische Einkaufstouristen zieht es täglich nach Paraguay. In der Grenzstadt Ciudad del Este können sie steuerfrei einkaufen.
Über den Paraná-Fluss und die «Brücke der Freundschaft» geht es von Brasilien ins Nachbarland Paraguay.
Die Grenzstadt Ciudad del Este, ganz im Osten Paraguays, ist mit rund 300'000 Einwohnerinnen und Einwohnern die zweitgrösste Stadt des Landes, nach der Hauptstadt Asunción. Neben Spanisch ist auch die Indigenen-Sprache Guaraní offizielle Landessprache in Paraguay.
Die meisten brasilianischen Touristen wollen in eines der grossen Einkaufszentren. Die Namen «Shopping Paris» und «Shopping China» signalisieren importierte Ware: Von der Playstation über Zigaretten bis zu edlem Whiskey lässt sich hier alles steuerfrei kaufen.
Allerdings nicht ohne Risiko: Immer wieder kommt es zu Überfällen, auch auf Touristinnen. Ciudad del Este gilt als Schmuggel-Hochburg. Brasilianische Drogenkartelle nutzen den Paraná-Fluss, um Kokain aus den Anbaugebieten in Peru, Bolivien und Kolumbien durch Paraguay bis an die Atlantikküste zu schmuggeln – dort wird das Kokain verschifft Richtung Europa.
Für internationales Aufsehen sorgte die Ermordung des paraguayischen Staatsanwalts Marcelo Pecci – er kämpfte gegen die Drogenkriminalität in seinem Land und wurde im Mai 2022 erschossen.
Auch rund um die beliebten Einkaufszentren kommt es zu blutigen Abrechnungen unter Drogenkartellen: Sie haben sich von Ciudad del Este längst bis in die Hauptstadt Paraguays ausgebreitet.
Im Februar wurde in Asunción einer der Drogenbosse des brasilianischen Kartells «Primeiro Comando da Capital» erschossen. Der Mann, bekannt unter dem Namen «Ryguasú», starb in einem Kugelhagel von 34 Schüssen am helllichten Tag – vor einem Supermarkt.
Das Drogengeschäft bringt auch Korruption mit sich. Im Korruptionsindex von Transparency International belegt Paraguay Platz 137 von 180.
Die Korruption ist auch eines der Hauptthemen bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vom 30. April. Die regierende rechtskonservative Colorado-Partei ist derzeit in einen Korruptionsskandal verwickelt. Parteichef und Ex-Präsident Horacio Cartes wurde kürzlich von den USA auf eine Sanktionsliste gesetzt, wegen bedeutenden Korruptionsverdachts.
Cartes ist der wichtigste Geldgeber von Santiago «Santi» Peña, dem aktuellen Präsidentschaftskandidaten der Colorado-Partei.
Obwohl die Colorado-Partei, die einst auch Langzeitdiktator Alfredo Stroessner als Basis diente, schon seit 76 Jahren fast ununterbrochen das politische Geschehen in Paraguay lenkt, wittert die Opposition dieses Jahr eine Chance: Mitte-links-Kandidat Efraín Alegre verspricht, die Korruption im Land zu bekämpfen. In den Umfragen liegt Alegre derzeit leicht vorne.
Handwerkskünstlerin Angélica weiss noch nicht, wen sie wählen wird. Die Maka-Frau gehört zu einem der rund 20 Urvölker Paraguays. «Wir Maka werden so wählen, wie es unser Häuptling entscheidet», erklärt sie.
Die meisten brasilianischen Touristen bekommen von all dem kaum etwas mit. Sie knipsen vor dem nahegelegenen Wasserfall «Salto del Monday» noch schnell ein Foto, bevor sie von Ciudad del Este nach Brasilien zurückfahren.