Mindestens 1400 einzelne Kinder waren zwischen 1997 und 2013 Opfer von sexueller Ausbeutung in Rotherham. Dies gab Alexis Jay, die Autorin des Untersuchungsberichts, eine erfahrene, leitende Sozialarbeiterin, gestern mit monotoner Stimme bekannt.
Es sei schwer, die Vergehen zu beschreiben. Elfjährige wurden von mehreren Männern vergewaltigt. Sie wurden in andere Städte weitergereicht, entführt, geschlagen und eingeschüchtert. Das Beweismaterial des Berichts stamme ausschliesslich aus offiziellen Akten und früheren Untersuchungen. In den meisten Fällen glaubten die Behörden das belastende Material nicht, sie unterdrückten es oder verschlossen die Augen.
Rotherham steht nicht allein. Ähnliche Fälle von systematischer Bandenkriminalität sind in den letzten Jahren aus den Städten Rochdale, Derby und Oxford gerichtsnotorisch geworden.
2010 wurden fünf Männer in Rotherham rechtskräftig verurteilt. Es war damals das Verdienst der Tageszeitung «The Times», das Ausmass dieser Praktiken publik zu machen. Die Zeitung wagte auch, die offensichtlichen Gemeinsamkeiten zu benennen. In fast allen Fällen waren die Opfer weiss, vernachlässigt und schutzlos.
Reziproker Rassismus
Die Täter gehörten grösstenteils der kaschmirisch-pakistanischen Minderheit an. Bei den Tätern herrschte das Vorurteil, diese Mädchen seien ohnehin wertlos und lasterhaft. Die Behörden, einschliesslich der Polizei, schwiegen, weil die Eltern der Mädchen – so weit überhaupt vorhanden – sozial benachteiligt waren, und weil sie davor zurückschreckten, die ethnische Identität der Täter, es waren pakistanische Muslime, anzuprangern. Diesem doppelten oder reziproken Rassismus fielen allein 1400 Mädchen zum Opfer.
David Greenwood, der Anwalt einiger Opfer, umreisst die Folgen: Diese jungen Frauen seien nun in ihren Zwanzigern, aber sie misstrauten jenen, die ihnen jetzt helfen sollten, aufgrund ihrer Erfahrungen zutiefst.