Nach den langen Sommerferien hat auch in Schwedens Schulen wieder der Unterricht begonnen. Am Vasagymnasium in der mittelschwedischen Kleinstadt Arboga mit gut 350 Schülerinnen und Schülern stehen technische und ökonomische Fächer im Mittelpunkt – und es werden wie überall an schwedischen Schulen viele digitale Hilfsmittel genutzt, sagt der 17 Jahre alte Giuliano:
«In vielen Fächern nutzen wir unsere Laptops, zum Beispiel, um Informationen zu sammeln und Texte zu verfassen», betont der Mittelschüler. Das sei sehr nützlich, aber es gebe auch Gefahren: «Die neuen Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz machen es für die Lehrkräfte schwer, den Erfolg ihres Unterrichtes einzuschätzen.»
Prüfungen nur noch in geschützten Applikationen
Das Vasagymnasium in Arboga hat deshalb für Prüfungen, die über digitale Plattformen erfolgen, neue Richtlinien erlassen: Diese können nur noch mit einer speziellen Applikation durchgeführt werden, welche den Zugang zu externen Hilfsmitteln ausschliesst.
Doch das ist erst der Anfang des schwedischen Marschhalts bei der Digitalisierung im Bildungswesen: Die bürgerliche Regierung des Landes hat bei Skolverket, der staatlichen Schulbehörde, einen neuen Lehrplan in Auftrag gegeben, der auf eine verstärkte Rückkehr nicht-digitaler Hilfsmittel hinausläuft – und im kommenden Jahr in Kraft treten soll.
Für Peter Karlberg, Bildungsdirektor bei Skolverket, hat dies mit der Einsicht zu tun, dass die in den letzten Jahren forcierte Digitalisierung an Schwedens Schulen auch negative Auswirkungen gezeigt habe:
«Wir haben feststellen müssen, dass der Einsatz digitaler Plattformen viele Schülerinnen und Schüler oft auch vom Unterricht ablenkt – und diese, statt der Lehrperson zuzuhören, soziale Medien wie Tiktok nutzen», sagt Peter Karlberg.
Tiefere Klassen als «digitalfreie» Zone
Das kann am Vasagymnasium in Arboga auch die 17 Jahre alte Mira bestätigen, die dem lange verfolgten Ziel einer durchdigitalisierten Schule wenig abgewinnen kann:
«Anspruch und Wirklichkeit klaffen bei der Nutzung digitaler Plattformen oft auseinander, das führt zu einem schlechteren Unterricht», sagt die Schülerin, die für sich selbst seit längerem darauf verzichtet, im Kontext von Schularbeiten ihr Mobiltelefon zu nutzen:
«Mein Mobiltelefon hat im Unterricht nichts zu suchen und auch auf meinem Schul-Laptop versuche ich konsequent, alles schulfremde fernzuhalten», sagt Mira.
Am Vasagymnasium in Arboga gilt nun der Grundsatz für alle: Zu Beginn einer Unterrichtsstunde werden Mobiltelefon von den Lehrerinnen und Lehrern eingesammelt.
Doch was bisher den einzelnen Schulen überlassen wurde, soll mit dem neuen – weniger digitalen Lehrplan – in ganz Schweden gelten: die Rückkehr zu traditionellen Unterrichtsformen, in denen sowohl Lehrende als auch Lernende wieder verstärkt mit Papier und Stiften hantieren. Namentlich in den tiefen Klassen soll – so die Ambition der schwedischen Regierung – dabei gänzlich auf digitale Hilfsmittel verzichtet werden.
Schweden, lange ein Vorreiter bei der Digitalisierung an Schulen, macht nun also eine Kehrtwende, deren Folgen auch über Schwedens Grenzen hinaus Beachtung finden werden.