Das Interview ging um die Welt. Es war am 20. November 1995, als Prinzessin Diana der BBC jenes denkwürdige Gespräch gewährte, in dem sie Prinz Charles vor einem Millionen-Publikum der Untreue bezichtigte: «Wir waren zu Dritt in dieser Ehe – und das war ein bisschen viel...» Das Interview war eine Blamage für den Palast und der BBC-Mann Martin Bashir wurde über Nacht eine journalistische Berühmtheit.
Doch nun erhebt der Bruder der Prinzessin, Earl Spencer, schwere Vorwürfe gegenüber der BBC. Bashir habe damals mit gefälschten Dokumenten sein Vertrauen erschlichen – und so den Zugang zu seiner Schwester. Der Journalist habe Lügen über die königliche Familie verbreitet. Etwa, dass Höflinge bezahlt würden, um die Prinzessin auszuspionieren und so das Misstrauen seiner Schwester gegenüber dem Palast gezielt gefördert. Als Beweis habe er Bankauszüge vorgelegt, die sich später als Fälschungen entpuppt hätten.
Vor wenigen Tagen hat der Fälscher, ein ehemaliger Grafiker der BBC namens Matt Wiessler, diesen Vorgang öffentlich bestätigt. Bashir sei 1995 tatsächlich eines Abends bei ihm mit folgender Bitte aufgetaucht: «Er sagte mir, er brauche für seine Arbeit dringend einige Bankauszüge. Für mich war das nicht ungewöhnlich, weil ich für Filmaufnahmen solche Requisiten gelegentlich produzieren musste. Er sagte mir, er könne mir die Originale leider nur beschreiben und weigerte sich, etwas zu schreiben oder zu skizzieren.»
Warum erst jetzt?
Martin Bashir arbeitet immer noch bei der BBC, ist jedoch nach einer Herzoperation krankgeschrieben und schweigt. Es stellt sich ebenso die Frage, weshalb der umtriebige Bruder der Prinzessin 25 Jahre benötigte, um mit seinen Vorwürfen an die Öffentlichkeit zu gelangen?
Auf Twitter schreibt er dazu: «Tatsächlich wusste ich schon lange, dass Martin Bashir seinerzeit gefälschte Dokumente benutzte, um meine Schwester für dieses Interview zu überzeugen. Erst seit zwei Wochen weiss ich dagegen – dank den Recherchen von Journalisten – dass auch die BBC diese Vorgänge kannte und diese über all die Jahre deckte. Das war der Grund, mich jetzt an die Öffentlichkeit zu wenden.»
Wenn Bashir gelogen und betrogen hat, ist das schlecht für ihn, aber noch mehr für seinen Arbeitgeber. «Da hängt eine ganze dunkle Wolke über der BBC. Die Vorwürfe von Earl Spencer erfordern eine unabhängige Untersuchung. Es muss geklärt werden, wer da was getan und insbesondere gewusst hat, sonst ist der Schaden nicht mehr kontrollierbar», sagt der frühere BBC-Vorsitzende und Medienunternehmer Lord Grade.
BBC kündigt Untersuchung an
Mittlerweile hat das auch die BBC eingesehen und eine Untersuchung der Vorgänge in Aussicht gestellt. Bei dieser wird es nicht bleiben, die Medienkommission des Parlaments hat angekündigt, die empörenden Vorgänge mit einer eigenen Untersuchung unter die Lupe zu nehmen.
Der Kollateralschaden dieses Skandals ist nicht zu unterschätzen. Wie die meisten öffentlich-rechtlichen Medienhäuser ist auch die BBC in den letzten Monaten massiv unter Druck geraten. Konservative Politiker wollen ihr die Mittel kürzen und liebäugeln gar mit der Abschaffung der Rundfunk-Gebühren. Sollte es deshalb zutreffen, dass die BBC Diana mit gefälschten Dokumenten hintergangen hat, und dass die damalige Leitung der Sendeanstalt diese Sache unter den Teppich kehrte, würde dies das Ansehen der BBC in einem denkbar schlechten Moment massiv beschädigen.