«Informiert uns weiter über sie, damit wir die Bedrohung ausmerzen können»: Mit seinem Aufruf zur Denunzierung von Homosexuellen sorgte der Gouverneur von Daressalam, der grössten Stadt Tansanias, international für Empörung.
Überrascht war Paul Makonda nicht über die Reaktionen: «Ich weiss, dass diese Aktion einigen Ländern nicht gefallen wird», sagte er vergangene Woche. Doch er könne sich nicht zurücklehnen und Menschen erlauben, das Falsche zu tun, nur weil einige Länder diese Art von Verhalten billigten.
Die USA und die EU gaben Reisewarnungen für das ostafrikanische Land heraus. Die US-Botschaft in Tansania rät Besuchern, ihre Social-Media-Kanäle auf «belastende» Posts und Bilder hin zu untersuchen; die EU zog ihren Botschafter aus Protest zurück.
Regierung krebst zurück
Die tansanische Regierung hat sich letztes Wochenende von Makondas Äusserungen distanziert. Allein: Ein fahler Nachgeschmack bleibt. Denn um den Aussetzer eines zweifelhaften Regionalpolitikers handelt es sich nicht: Homophobe Rhetorik ist in Tansania auf höchster politischer Ebene salonfähig.
Präsident John Magufuli machte nach seinem Wahlsieg 2015 deutlich: Wer «gegen die Natur» handle, dem drohten bis zu 30 Jahre Haft. Die Regierung von Tansania geht laut Human Rights Watch hart gegen Homosexualität vor.
Aktivisten berichten, dass Übergriffe auf sexuelle Minderheiten und Verhaftungen in den letzten Jahren zugenommen haben. Vor allem in der Millionenmetropole Daressalam und auf der Urlaubsinsel Sansibar kam es wiederholt zu Festnahmen von angeblichen Homosexuellen.
Auch andere afrikanische Länder, viele davon christlich geprägt, gehen gegen Homosexuelle vor. In Kenia etwa werden homosexuelle Handlungen mit bis zu 14 Jahren Gefängnis bestraft. In einigen Ländern droht ihnen gar die Todesstrafe, zum Beispiel in Teilen Nigerias. In Simbabwe war Langzeitdiktator Robert Mugabe Wortführer des Schwulenhasses. Seit 2006 gibt es dort ein Gesetz gegen «sexuelle Abnormitäten».
Doch es gibt auch gegenläufige Tendenzen. So haben einige afrikanische Länder Homosexualität in den letzten Jahren entkriminalisiert. Gerade in urbanen Gebieten und besser ausgebildeten Schichten gebe es mittlerweile eine Tendenz, sexuellen Minderheiten offener zu begegnen, berichtet Lemmenmeier.
Viele sehen in der Homosexualität einen Lifestyle, eine persönliche Wahl. Darum sind sie der Meinung, dass die Menschen geheilt werden können.
In Südafrika steht ein Diskriminierungsverbot von Homosexuellen sogar in der Verfassung. Dies gehe auf die leidvollen Erfahrungen unter dem Apartheid-Regime zurück. Die Einsicht, dass niemand – unabhängig von Hautfarbe, Religionszugehörigkeit oder sexueller Orientierung – diskriminiert werden dürfe, habe sich durchgesetzt.
Zur Strafverfolgung kommt die gesellschaftliche Ächtung: «Schwule und lesbische Menschen werden von der Familie verstossen oder finden keine Arbeit. Deswegen machen in Afrika auch nur wenige Menschen ihre Homosexualität öffentlich», so Lemmenmeier.
Für die meisten Menschen in Afrika sei diese etwas Abartiges, Widernatürliches: «Viele sehen in der Homosexualität einen Lifestyle, eine persönliche Wahl. Darum sind sie auch der Meinung, dass die Menschen geheilt werden können.»
Dabei spielen auch die katholische Kirche und Evangelikale, meist aus den USA, eine unrühmliche Rolle. «Sie predigen eben diese Rhetorik.» Für sie sei Homosexualität gegen Gott und das Christentum, und der Glaube biete Erlösung für die «Sünder».