Als Wolodimir Selenski am Mittwochmittag in seinem feldgrünen Pullover in London ans Rednerpult trat, war die Westminster Hall des britischen Parlaments bis auf den letzten Platz besetzt. Er bringe den Dank der ukrainischen Bevölkerung nach Grossbritannien, sagte der Präsident. «Das Vereinigte Königreich hat uns vom ersten Kriegstag an seine helfende Hand gereicht. Zu einem Zeitpunkt als der Rest der Welt noch völlig überrumpelt war und nicht wusste, wie sie reagieren soll.» Er danke insbesondere seinem Freund Boris, sagte Selenski.
Boris Johnson hat eine enge Verbindung zu Präsident Selenski. In einer Ansprache an das ukrainische Parlament im vergangenen Sommer erklärte der damalige Premierminister, der Verteidigungskrieg der Ukraine sei die «beste Stunde des Landes». Er spielte damit an die berühmte Kriegsrede Churchills an, in der er die Briten und Britinnen ermutigte, im Widerstand gegen Nazi-Deutschland durchzuhalten.
Britische Politik ist sich einig
Was die Unterstützung der Ukraine betrifft und die Verteidigung von Freiheit und Demokratie, herrscht in der britischen Politik für einmal bei allen Parteien grosse Einigkeit.
Es ist dabei nicht allein die Erinnerung an den Nazi-Terror, dass Grossbritannien zu einem der treusten westlichen Alliierten der Ukraine wurde. Das Verhältnis zwischen London und Moskau war bereits lange vor dem Angriffskrieg auf die Ukraine frostig. Spätestens nach der Ermordung von russischen Dissidenten auf britischem Boden war das Verhältnis definitiv zerrüttet.
Dies hinderte die britische Regierung zwar nicht daran, Kreml-nahe Oligarchen noch lange mit offenen Armen zu empfangen. Mittlerweile hat der Wind jedoch gedreht. Luxusjachten wurden auch in London konfisziert und Vermögenswerte eingefroren. Daneben hat Grossbritannien militärisch in den vergangenen Monaten mit Waffenlieferungen und der Ausbildung von ukrainischen Soldaten einen exemplarischen Beitrag geleistet, um die Widerstandsfähigkeit der Ukraine zu stärken.
Deutliches Signal für Kampfflugzeuge
Doch Selenski möchte mehr. Er habe als Gastgeschenk einen Pilotenhelm mitgebracht, liess er das britische Parlament wissen. Es sei der Helm von einem der besten Piloten in der Ukraine. Sie seien die Könige in seiner Heimat. Auf dem Helm habe der Pilot die folgende Botschaft geschrieben: «Wir leben in Freiheit, gebt uns die Flügel, diese weiterhin zu verteidigen.»
Die Botschaft wurde in London erhört. Der britische Premierminister kündigte an, ein Ausbildungsprogramm für ukrainische Soldaten zu erweitern. Sunak zufolge sollen künftig auch Kampfpiloten und Marinesoldaten ausgebildet werden.
Das erweiterte Ausbildungsprogramm soll es ukrainischen Piloten nach Angaben der Briten ermöglichen, in Zukunft auch Nato-Kampfjets zu fliegen. Während andere Nato-Staaten noch sehr zögerlich über die mögliche Lieferung von Flugzeugen an die Ukraine nachdenken, ist dies ein deutliches Signal aus London.