- Der frühere katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont sagte, Berlin sei nun sein Wohnsitz «bis zum Ende dieses Prozesses».
- Zugleich forderte Puigdemont eine internationale Vermittlung im Konflikt um die Zukunft Kataloniens.
- Die spanische Zentralregierung rief er zu Dialogbereitschaft und «Respekt für die Demokratie» auf.
«Ich glaube, das Land braucht jemanden, der als Vermittler auftritt», sagte er und nannte als Möglichkeit Staaten oder internationale Organisationen. Seine Pläne für die nähere Zukunft seien noch offen, räumte Puigdemont ein.
«Ehrlich gesagt weiss ich noch nicht, wie es weitergeht», sagte er. «Ich möchte jetzt einfach nur zu einem normalen Leben zurückfinden.» Mit seinem vorübergehenden Wohnort sei er aber zufrieden – Berlin sei «eine der interessantesten Städte in Europa».
Wenn das Verfahren abgeschlossen sei, wolle er nach Belgien zurückkehren. Während seiner Zeit in Berlin wolle er sich aus der deutschen Politik heraushalten, beteuerte Puigdemont: «Ich möchte mich natürlich nicht in die deutsche Politik einmischen.»
Überstellung an Spanien droht
Nach knapp zwei Wochen in der Justizvollzugsanstalt Neumünster war Puigdemont am Freitag unter Auflagen auf freien Fuss gesetzt worden. Er muss sich bis zum Abschluss seines Verfahrens regelmässig bei der Polizei melden und darf Deutschland zunächst nicht verlassen.
Zuvor hatte das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht den Vorwurf der Rebellion als Grund für eine Auslieferung an Spanien verworfen. Allerdings droht dem Katalanen immer noch eine Überstellung an Spanien wegen des Vorwurfs der Veruntreuung öffentlicher Mittel.
Mehr als eineinhalb Millionen Euros veruntreut?
Sollte Puigdemont nur wegen des Untreue-Vorwurfs ausgeliefert werden, ist dort eine Verurteilung wegen Rebellion nicht möglich. Dies geht aus den Vorschriften für einen europäischen Haftbefehl hervor. Für Rebellion würde dem Separatisten eine Haftstrafe bis zu 25 Jahren drohen. Das Strafmass für Korruption dürfte geringer ausfallen.
Die spanischen Behörden legen Puigdemont zur Last, mit einem Referendum über die Abspaltung Kataloniens gegen die Verfassung verstossen zu haben. Zudem soll er für die Volksabstimmung mehr als eineinhalb Millionen Euro veruntreut haben.
Puigdemont floh nach der Ausrufung der Unabhängigkeit im Oktober vor den Ermittlungen der Justiz nach Belgien. In Deutschland wurde er aufgrund eines europäischen Haftbefehls Spaniens am 25. März auf der Durchreise festgenommen und in Neumünster inhaftiert. Er war über Dänemark in die Bundesrepublik gekommen.
Die Chronologie Puigdemonts
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Bild 1 von 17. 10. Januar 2016. Puigdemont wird mit Hilfe der linksnationalistischen CUP mit 70 gegen 63 Stimmen zum Präsidenten der katalanischen Autonomieregierung gewählt. Der bisherige Bürgermeister von Girona kündigte an, die Abspaltung Kataloniens von Spanien einzuleiten. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 17. 11. Januar 2016. Einen Tag später wird er auch vom spanischen König zum Präsidenten der Region ernannt. Puigdemont verzichtet darauf, diesem die Treue zu schwören. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 17. 01. Oktober 2017. Polizeigewalt und Ausschreitungen überschatten das Referendum zur Loslösung Kataloniens von Spanien. Das spanische Verfassungsgericht erklärt die Abstimmung im Vorfeld für illegal und versucht die Durchführung mit polizeilichen Massnahmen zu verhindern. 90 Prozent der Teilnehmer stimmen für eine Abspaltung. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 17. 10. Oktober 2017. Jubel in Barcelona. Carles Puigdemont erklärt im Parlament die Unabhängigkeit Kataloniens – Sekunden später setzt er sie aber wieder aus, um Gespräche mit Madrid zu ermöglichen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 17. 21. Oktober 2017. Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy kündigt die Absetzung der Regionalregierung in Barcelona und Neuwahlen an. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 17. 27. Oktober 2017. Das katalanische Regionalparlament hat einen Antrag zur Gründung einer unabhängigen katalanischen Republik verabschiedet. Die Abstimmung wurde mit 70 Stimmen für die Unabhängigkeit, 10 Gegenstimmen und 2 leeren Stimmzetteln angenommen. Ein Grossteil der Opposition hatte die Kammer aus Protest kurz vor der Abstimmung verlassen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 17. 28. Oktober 2017. Aufgeheizte Stimmung in Spanien: Rajoy setzt die Regionalregierung von Puigdemont ab und stellt Katalonien fortan unter Zwangsverwaltung Madrids. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 17. 30. Oktober 2017. Nur noch sein Bild ist in Spanien. Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen Angehörige der abgesetzten Regierung. Puigdemont setzt sich nach Belgien ab. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 17. 2. November 2017. Gegen Puigdemont wird ein europäischer Haftbefehl erlassen. In Spanien werden ehemalige Mitglieder der katalanischen Regierung verhaftet. Bildquelle: Keystone.
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Bild 10 von 17. 5. Dezember 2017. Grosse Überraschung aus Madrid: Die spanische Justiz zieht den europäischen Haftbefehl gegen Puigdemont zurück. National bleibt der Haftbefehl aber bestehen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 11 von 17. 21. Dezember 2017. Fast fünf Millionen Stimmberechtigte der spanischen Region Katalonien wählen ein neues Parlament. Für die Unabhängigkeitsgegner stimmten rund 52 Prozent der Bürger. Aufgrund der stärkeren Gewichtung von Stimmen aus ländlichen Regionen verteidigen die separatistischen Parteien trotz nur knapp 48 Prozent der Stimmen ihre absolute Mehrheit. Bildquelle: Keystone.
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Bild 12 von 17. 18. März 2018. Puigdemont reist in die Schweiz. Alt Bundesrätin Micheline Calmy-Rey nimmt mit ihm im Rahmen eines Menschenrechts-Filmfestival an einem Podium teil. Bildquelle: Keystone.
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Bild 13 von 17. 23. März 2018. Madrid erhöht den Druck: Das Gerichtsverfahren gegen Puigdemont und weitere Separatisten wird eröffnet und erneut wird ein Europäischer Haftbefehl zu seiner Auslieferung ausgestellt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 14 von 17. 25. März 2018. Auf der Rückreise aus Finnland nach Belgien wird Puigdemont in Deutschland festgenommen. Nach der Festnahme kommt es zu Ausschreitungen in Barcelona. Bildquelle: Keystone.
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Bild 15 von 17. 26. März 2018. Der festgenommene ehemalige katalanische Regionalpräsident bleibt in Gewahrsam. Das Amtsgericht Neumünster spricht eine sogenannte Festhalteanordnung aus. Bildquelle: Keystone.
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Bild 16 von 17. 03. April 2018. Die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein will Carles Puigdemont an Spanien ausliefern. Die Prüfung des europäischen Haftbefehls habe ergeben, dass ein zulässiges Auslieferungsersuchen vorliege, erklären die Ermittler in Schleswig. Bildquelle: Keystone.
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Bild 17 von 17. 06. April 2018. Überraschend wieder auf freiem Fuss: Der 55-Jährige kann nach elf Tagen das Gefängnis im deutschen Neumünster nach Hinterlegung einer Kaution von 75'000 Euro verlassen. Puigdemont droht aber immer noch eine Überstellung nach Spanien wegen des Vorwurfs der Veruntreuung öffentlicher Mittel. Wegen Rebellion kann er nicht mehr angeklagt werden. Bildquelle: Keystone.