Worum geht es? Ende der 1990er-Jahre spaltete sich Kosovo in einem Krieg von Serbien ab. Doch die Konflikte sind längst noch nicht gelöst. Doch die EU macht Druck. Wenn die Länder der EU beitreten wollen, müssen sie ihre Konflikte mit einem Abkommen befrieden. Deshalb kommt es immer wieder zu Treffen zwischen Serbiens Präsident Vučić und dem Kosovaren Thaçi. Konkret haben sie noch nichts erreicht. Es werde aber laut über Grenzänderungen nachgedacht, sagt SRF-Auslandredaktor Christoph Wüthrich.
Potenziell veränderte Grenzziehung: Die Idee der Serben wäre, die fünf serbischen Gemeinden im Norden Kosovos mit Serbien zu verbinden. Die Idee der Kosovaren wäre, dass die Gemeinden mit albanischen Minderheiten im Süden Serbiens an der Grenze zu Kosovo geschlagen würden.
Serbischer Standpunkt: Wüthrich erklärt, dass die serbischen Gemeinden in Kosovo einer Einigung mit Pristina skeptisch gegenüberstünden. «Sie haben Angst, dass Präsident Vučić sie sozusagen verkauft.» Der zweite Faktor sei die serbische Opposition im Parlament, die gegenüber Vučić innenpolitisch fast auf verlorenem Posten stehe und jetzt die Chance sehe, ihn als Verräter darzustellen. Als dritten Punkt zählt Wüthrich die serbisch-orthodoxe Kirche auf. Sie mache sich Sorgen um jene Serben in Kosovo, die nicht in einer der fünf Gemeinden im Norden Kosovos leben würden, sondern im Süden, verteilt auf einzelne Enklaven. Die Kirche befürchte, dass im Falle einer neuen Grenzziehung die Serben aus den Enklaven vertrieben würden.
Kosovarischer Standpunkt: «Der Widerstand gegen eine Grenzänderung ist in der kosovarischen Politik riesig», so der Auslandredaktor. Leute aus allen Parteien haben sich dagegen ausgesprochen und die nationalistische linke Opposition ist komplett dagegen. Es sei nicht vorstellbar, dass ein Abkommen mit einer Grenzänderung vom kosovarischen Parlament abgesegnet würde, sagt Wüthrich.
Meinung der EU zu Grenzkorrekturen: Auch mehrere wichtige Stimmen in der EU hätten sich gegen Grenzänderungen ausgesprochen, sagt Wüthrich. Dies sei aus grundsätzlichen Überlegung heraus geschehen: Eine Grenzänderung zwischen Serbien und Kosovo würde quasi die Büchse der Pandora auf dem Balkan öffnen. Damit würde eine ganze Reihe von anderen Grenzänderungen zum Thema, in Mazedonien, in Bosnien. Damit würden quasi die ganzen Konflikte der 90er-Jahre wieder explodieren.
Was sonst? «Als Erfolg könnte Präsident Vučić in Serbien eine nennenswerte Autonomie der serbischen Minderheit innerhalb Kosovos präsentieren», sagt Wüthrich. Allerdings wurde 2013 in Brüssel bereits vereinbart, dass die Gemeinden mit serbischer Mehrheit in Kosovo zusammen einen Verband bilden, der in der Bildungspolitik und der Gesundheitspolitik autonom wäre. Dieser Plan wurde noch nicht umgesetzt, er stösst in der kosovarischen Politik auf Widerstand. Das heisst, verdeutlicht Wüthrich: «Eine Lösung ist nicht in Sicht.»