Öbszöne Witze und sexuelle Anspielungen des höchsten Rechtsberaters von Präsident Rodrigo Duterte haben auf den Philippinen eine heftige Kontroverse ausgelöst. Salvador Panelo vergriff sich in einem Interview mit SRF-Korrespondentin Karin Wenger im Ton und spielt die Sache in den philippinischen Medien nun herunter.
SRF News: Karin Wenger, haben die Philippinen ein besonders virulentes Sexismus-Problem?
Karin Wenger: Eigentlich genau das Gegenteil: Die Philippinen sind führend, wenn es um Gleichberechtigung geht. Das sagen zumindest Ländervergleiche von Frauen auf Chefposten. Tatsache aber ist: Seit Duterte an der Macht ist, werden Frauen mit Füssen getreten, aber nicht nur sie.
Es geht nicht nur um eine Verachtung von Frauen, sondern von Menschen und Menschenleben.
Mein Interview mit Panelo drehte sich vor allem um den Drogenkrieg. Ich wollte wissen, wie er es als wichtigster juristischer Berater des Präsidenten rechtfertigen könne, dass diesem Krieg im letzten Jahr Tausende von meist armen Menschen zum Opfer gefallen seien. Er entgegnete mehr oder weniger, die Armen seien ja selbst schuld, wenn sie Drogen nähmen. Von der Polizei erhielt ich die Zahl der Drogenkriegs-Opfer: Mehr als 4000. Panelo meinte dazu, die Zahl sei übertrieben. Es geht also nicht nur um eine Verachtung von Frauen, sondern von Menschen und Menschenleben.
Auch Duterte hat bei öffentlichen Auftritten mit seiner sexuellen Potenz geprahlt. Die Staatsspitze lebt also Sexismus vor?
Absolut: Duterte hat auch schon öffentlich Vergewaltigungswitze gemacht. Zudem geht seine Regierung extrem hart gegen starke Frauen vor. Leila de Lima etwa, eine Politikerin, Menschenrechtsaktivistin und Duterte-Kritikerin, wurde unter sehr zwielichtigen Umständen ins Gefängnis gesperrt. Gegen die Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs, Maria Lourdes Sereno, und gegen die Ombudsfrau, Conchita Carpio-Morales, laufen Amtsenthebungsverfahren.
Wir haben es hier tatsächlich mit einer von oberster Stelle vorgelebten Frauenverachtung zu tun.
Auch am Stuhl der Vizepräsidentin wird gesägt: Duterte hat klar gemacht, dass er lieber den Sohn des ehemaligen Diktators als Vizepräsidenten hätte. Andere Frauen, die wichtige Positionen haben und kritisch gegenüber der Regierung sind, werden in den sozialen Medien regelmässig fertig gemacht. Wir haben es hier tatsächlich mit einer von oberster Stelle vorgelebten Frauenverachtung zu tun.
Jeder, der kritisch ist, wird fertig gemacht – insbesondere Frauen.
Bei den erwähnten Fällen geht es nicht nur darum, dass es sich um Regimekritikerinnen handelt?
Es geht nur darum, dass es Frauen sind. Und diese Haltung breitet sich aus. EU-Vertretern, die das philippinische Regime kritisiert hatten, warf der Kommunikationssekretär Dutertes gestern vor, sie seien sexbesessen. Jeder, der kritisch ist, wird fertig gemacht – insbesondere Frauen. Und wenn sie Frauen mit den Füssen treten, werden sie das auch mit anderen tun. Panelo sagte mir im Interview ganz offen: Er glaube, das Land brauche eine Diktatur, einen Diktator mit absoluter Macht. Man kann sich also vorstellen, wohin die Philippinen abgleiten.
Das Gespräch führte Andrea Christen.