Nach jahrzehntelangem Stillstand seht Simbabwe am Scheideweg. Am Montag wählt das Land einen neuen Präsidenten. Simbabwe ist abgewirtschaftet, es herrscht eine extrem hohe Arbeitslosigkeit und politisch ist das Land instabil.
Landwirtschaft: von der Kornkammer zum Brachland
Simbabwe galt als Kornkammer Afrikas: Die Landwirtschaft war das wirtschaftliche Rückgrat des Landes. Doch nachdem Mugabe die meisten der weissen Grossgrundbesitzer enteignet und deren Land unter Kriegsveteranen und anderen Günstlingen verschenkt hatte, lag immer mehr des fruchtbaren Bodens brach.
Seit der Absetzung von Präsident Robert Mugabe 2017 kehrten die ersten weissen Bauern zurück und ein Regierungsprogramm zur Unterstützung schwarzer Kleinbauern beginnt langsam zu greifen.
Doch braucht es enorme Investitionen sowie Ausbildung, um die Landwirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Das Potential für Export ist gross, vor allem von Tabak, das einst zu den wichtigsten Exportgütern gehörte. Auch wenn die westliche Welt immer weniger raucht, so passiert das in China nach wie vor und die Nachfrage ist entsprechend gigantisch.
Wirtschaft: viel Potential, aber kein Geld und keine Arbeit
Eine grosse Mehrheit der Simbabwer ist arbeitslos. Die offizielle Arbeitslosenquote beträgt 95 Prozent. Die restlichen fünf Prozent arbeiten hauptsächlich als Beamte in Ministerien, als Polizisten oder in der Armee. Eine solch hohe Arbeitslosigkeit sorgt für grosse soziale Instabilität und Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Die Arbeitsbeschaffung steht deshalb bei allen Parteien zuoberst auf der Prioritätenliste.
Dabei gäbe es genug Arbeitsmöglichkeiten. Simbabwe ist reich an Gold, Diamanten und Platin. Doch abgesehen von den Chinesen investiert dort niemand in die Minen, seit sie per Gesetz zu 51 Prozent den Einheimischen gehören müssen. So überleben die meisten Menschen, in dem sie Auto waschen, illegal in schmalen Schächten Gold abbauen, ein wenig Mais auf einem Minifeld anpflanzen oder von einem Verwandten im Ausland unterstützt werden.
Politik: überall Korruption, nirgendwo Demokratie
Korruption und mangelnde Demokratie sind auf dem afrikanischen Kontinent nicht nur in Simbabwe ein Problem. Doch hier hatten sie unter Mugabe 37 Jahre Zeit, nicht nur tiefe, sondern ebenso sehr weitreichende Wurzeln zu schlagen. Wer in Simbabwe was will, bezahlt. Das gehört zum Alltag wie der Maisbrei.
Wer mehr will als keine Busse für ein nicht begangenes Verkehrsdelikt bezahlen zu müssen – wer beispielsweise Land, Minenrechte oder ein Amt will – der zahlt nicht nur, der muss auch entsprechend vernetzt sein. Das gilt für alle Parteien und fördert das demokratische Denken nicht unbedingt.
Die Demokratie ist den Menschen zudem während all der vorangegangenen Wahlen mit Gewalt ausgetrieben worden. Seit Mugabes Abgang gibt es zumindest wieder eine freie Presse, doch wie frei sie wirklich ist, wird sich erst zeigen, wenn ein neuer Präsident das Zepter übernommen hat.
Der Hoffnungsschimmer: die Gesellschaft
Trotz der ganzen Misere gibt es nirgendwo in Afrika einen so hohen Prozentsatz der Bevölkerung, der lesen und schreiben kann. Je nach Quellen sind es 80 bis 90 Prozent.
Zudem sind die Menschen angesichts der Brutalität und Gewalttätigkeiten der letzten Jahre ausgesprochen friedlich. Auch bei offensichtlich gefälschten Wahlresultaten stiegen sie nur bedingt auf die Barrikaden, eine Revolution hat es hier all die Jahre nicht gegeben. Statt zu kämpfen, sind viele emigriert.
Allein in Südafrika leben über eine Million Simbabwer, viele von ihnen illegal. Etliche der Emigranten sind gut ausgebildet, viele Ärzte und Krankenschwestern arbeiten heute in England oder in Dubai, wo es sicher ist und sie besser verdienen. Doch die meisten kämen sofort zurück – wenn sich denn die Lage in diesem so lange unterjochten Land endlich stabilisieren würde.