Die orthodoxen Christen in der Ukraine sollen eine Landeskirche bilden können, die von der russischen orthodoxen Kirche unabhängig ist. Das Ökumenische Patriarchat in Istanbul hat dies nach einer Sitzung der Bischofskonferenz bekannt gegeben.
Damit droht eine tiefe Spaltung in der etwa 300 Millionen Menschen zählenden orthodoxen Christenheit. Sie hat kein Oberhaupt wie den Papst. Aber Bartholomaios, Patriarch von Konstantinopel mit Sitz in Istanbul, gilt als Erster unter Gleichen und damit ranghöchster Kirchenführer.
Dagegen ist die Russisch-Orthodoxe Kirche unter Patriarch Kirill mit bisher 150 Millionen Gläubigen die grösste Kirche. Sie rechnet die Ukraine zu ihrem angestammten Gebiet und kann auf die Unterstützung anderer Nationalkirchen zählen.
Kritik der Russisch-Orthodoxen Kirche
Die Führung der Russisch-Orthodoxen Kirche kritisierte den Entscheid scharf. Man werde die eucharistischen Beziehungen zum Patriarch von Konstantinopel abbrechen, sagte ein Sprecher von Patriarch Kyrill gegenüber der Agentur Interfax. Patriarch Bartholomaios habe eine «katastrophale Entscheidung» getroffen.
Auch der ukrainische Präsident Petro Poroschenko kommentierte die Entscheidung: «Es wird eine ukrainische orthodoxe Ortskirche geben.» Das Imperium verliere mit dem Entscheid aus Istanbul einen der letzten Einflusshebel auf die ehemalige Kolonie, sagte er Richtung Moskau.
Streit um Kirchen als Wahlkampfthema
Wie die Unabhängigkeit umgesetzt wird, ist noch nicht klar. Denn das Land hat drei verschiedene orthodoxe Kirchen. Nur zwei von ihnen wollen weg von Moskau. Poroschenko garantierte den moskautreuen gestern Abend deshalb, sie hätten weiterhin das Recht, ihren Patriarchen anzuerkennen.
Poroschenko, der im nächsten Jahr auf eine Wiederwahl hofft, hat die Unabhängigkeit der ukrainischen Landeskirche zu einem politischen Ziel gemacht. Das Verhältnis zwischen Kiew und Moskau ist wegen der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland und des verdeckten russischen Militäreinsatzes in der Ostukraine zerrüttet.