Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador will die Beziehungen mit Spanien vorerst pausieren. «Eine Pause würde den beiden Ländern gut tun», sagt López Obrador an seiner alltäglichen Pressekonferenz. Er fordert zum wiederholten Mal, Spanien solle sich endlich für die Gräueltaten der Kolonialzeit entschuldigen.
Auffälliger Zeitpunkt für alte Vorwürfe
Die Worte des mexikanischen Präsidenten hätten eine diplomatische Krise ausgelöst, hätte sie nicht Andrés Manuel López Obrador ausgesprochen und dies gerade jetzt. So bringt es die konservativ-liberale spanische Onlinezeitung «El Confidencial» auf den Punkt.
Was das Blatt damit meint: Die Vorwürfe des mexikanischen Präsidenten sind nicht neu und ihr Zeitpunkt auffällig. Eigentlich hätte Mexikos Präsident am Mittwoch vor den Medien Stellung nehmen sollen zu einem für ihn heiklen Thema: Es geht um mutmassliche Interessenskonflikte.
Der Sohn des Präsidenten und auch die Schwiegertochter sollen profitiert haben von Geschäften mit Pemex, Mexikos grosser staatlichen Erdöl-Firma. Doch zu diesen Vorwürfen sagte López Obrador nichts – stattdessen teilte er gegen Spanien aus, wieder einmal.
Spanische Medien sprechen von Ablenkungsmanöver
Spanien sei zum Boxsack des mexikanischen Präsidenten geworden, kommentieren dies spanische Medien und sprechen von einem Ablenkungsmanöver, bei dem es nur am Rande um einen Streit um Kolonialgeschichte gehe.
Tatsächlich kritisierte der mexikanische Präsident auch spanische Energie- und Erdöl-Konzerne wie Iberdrola oder Repsol. Sie geschäften seit Jahren erfolgreich in Mexiko und sind damit Konkurrenten für staatliche Konzerne, wie Pemex.
Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Spanien und Mexiko sind eng: Spanien ist nach den USA dasjenige Land, das am zweitmeisten in Mexikos Wirtschaft investiert. Und die Regierung in Madrid weiss, dass Mexiko auf diese Investitionen auch weiterhin angewiesen ist.
Auch der spanische Aussenminister gibt sich deshalb gelassen, sagt gegenüber den Medien, er wisse nichts von einem Abbruch der Beziehungen zu Mexiko.
Langjährige Debatte über Kolonialgeschichte
Dass die Worte des mexikanischen Präsidenten in Spanien nur für müdes Schulterzucken sorgen, hat auch mit der Debatte über Kolonialgeschichte zu tun: Diese belastet das spanisch-mexikanische Verhältnis nicht zum ersten Mal, wird aber auf beiden Seiten des Atlantiks noch immer wenig differenziert geführt. Die Verflechtungen sind komplex.
So steht eine Entschuldigung für Gräueltaten aus der Kolonialzeit für das offizielle Spanien ausser Frage – nicht zuletzt deshalb, weil es die Nachfahren der Konquistadoren, also der spanischen Eroberer von damals, sind, die heute in Mexiko regieren.