Es ist eine noch nie dagewesene Situation: In den USA ist das Parlament handlungsunfähig, da die grosse Kammer seit über einer Woche keinen Vorsitzenden, keinen Speaker hat. Der designierte republikanische Speaker, Steve Scalise, hat frustriert den Bettel hingeworfen. Er hat realisiert, innerhalb seiner Partei nicht auf die nötige Anzahl Stimmen zu kommen, um die Speaker-Wahl im Repräsentantenhaus zu gewinnen. Nun geht die Suche von vorne los.
Die Republikaner versinken immer mehr im Chaos – im hausgemachten Chaos. Der innerparteiliche Streit hat einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Kein Kandidat ist in Sicht, der die nötigen Stimmen vereinigen kann, um die Wahl zum Speaker zu gewinnen.
Dabei würden eigentlich dringende Geschäfte auf der Agenda stehen
Ohne Vorsitzenden ist das Repräsentantenhaus blockiert, denn nur der Speaker kann Gesetzentwürfe und andere Vorlagen zur Abstimmung bringen. Die Folgen sind entsprechend weitreichend. Präsident Joe Biden hat zum Beispiel bereits angekündigt, zusätzliche Soforthilfe für Israel beantragen zu wollen. Ohne Speaker kann im Parlament jedoch kein Kredit gesprochen werden.
Dabei wären sich die sonst so zerstrittenen Republikanerinnen und Republikaner einig, wenn es um die Unterstützung von Israel geht. Doch selbst der Konflikt im Nahen Osten war nicht der erhoffte Weckruf, sich zusammenzureissen.
Auch innenpolitisch drängt die Zeit, denn eigentlich müsste sich das Repräsentantenhaus dringend um das Budget kümmern. Das Übergangsbudget läuft in gut einem Monat aus und es droht erneut ein Shutdown der Regierung. Zwar ist es nur eine kleine republikanische Minderheit, rund ein Dutzend Abgeordnete, die sich querstellt, doch aufgrund der knappen Mehrheitsverhältnisse im Repräsentantenhaus kann sie die Speaker-Wahl torpedieren.
Wird es erneut zum Wahlmarathon kommen?
Der rechte Flügel der Partei will Jim Jordan als neuen Speaker. Jim Jordan ist Mitgründer der extrem konservativen Rechtsaussen-Gruppierung «Freedom Caucus», und Jordan ist der verlängerte Arm von Donald Trump. Der ehemalige Präsident hat nach wie vor grossen Einfluss. Wer die republikanische Partei aus dem Chaos führen kann, ist zurzeit völlig offen.
Emsig wird hinter verschlossenen Türen beraten. Die Republikaner wollen einen Wahlmarathon verhindern wie Anfang Jahr, als der inzwischen abgewählte Speaker Kevin McCarthy 15 Wahlgänge benötigte. Immer mehr macht sich jedoch auch innerhalb der Partei Frust breit. Einige Abgeordnete haben ihrem Unmut freien Lauf gelassen. Längst befürchten gemässigte Republikanerinnen und Republikaner, dass dieses Chaos am Ende ihrer eigenen Partei schaden wird.
Überparteiliche Zugeständnisse als riskante Lösung
Die Demokraten schauen dem Treiben im Moment ebenso frustriert zu. Mehr können sie im Moment nicht tun. Zwar wäre es möglich, dass sie einen gemässigten republikanischen Kandidaten unterstützen würden, doch dieser müsste entsprechende überparteiliche Zugeständnisse machen, was ihn wiederum innerhalb der eigenen Partei schwächen würde.
Und die Demokratinnen und Demokraten wissen: Das jetzige Chaos entstand nicht aufgrund einer fehlenden überparteilichen Zusammenarbeit, sondern einzig und allein deshalb, weil die republikanische Partei so gespalten und zerstritten ist.