Zwei ältere Herren im Wanderoutfit sammeln Pilze. Der eine hat ein besonders schönes Exemplar gefunden. Auf dem Video wird gelacht, Freunde unter sich. Veröffentlicht wurde das Filmchen vom Kreml. Es zeigt Wladimir Putin bei einem Ausflug in die sibirischen Wälder. Der andere Mann neben ihm ist Sergej Schoigu, Putins Verteidigungsminister.
Kaum jemand aus Russlands Führungsriege scheint mit Putin einen so vertrauten Umgang zu haben wie Schoigu. Die beiden fahren immer wieder zusammen nach Tuwa, eine entlegene Region in Südsibirien. Tuwa ist für zwei Dinge berühmt: für seine unberührte Natur und dafür, dass es die Heimat von Schoigu ist.
Katastrophenschutzminister unter Jelzin
Der heute 64-Jährige Schoigu hat seine Karriere noch zu Sowjetzeiten begonnen, als Funktionär der kommunistischen Partei. 1991 wurde er vom damaligen Präsidenten Boris Jelzin zum Chef des Katastrophenschutzministeriums ernannt. Es ist dies eine riesige Behörde, der alle Feuerwehren, der Zivilschutz, ja selbst die Bergrettung unterstellt sind.
In dieser Zeit schafft sich Schoigu ein Macher-Image. Er will als Typ wahrgenommen werden, der Aufgaben anpackt. Vieles davon sei allerdings nur Schein, sagen Kritiker. «Schoigu ist ein Meister der Selbstdarstellung. Er hat ein grosses Maul», sagt Sergej Konvis, ein oppositioneller Verleger aus Tuwa.
Konvis kennt den Verteidigungsminister aus jungen Jahren – sie haben dieselbe Schule besucht. Er attestiert Schoigu eine hohe Anpassungsfähigkeit. Dieser verhalte sich wie ein Chamäleon, «ein sehr professionelles Chamäleon».
Ein trockener Apparatschik
Tatsächlich ist Schoigu einer der wenigen russischen Spitzenpolitiker, die sowohl unter Jelzin wie auch unter Putin gedient haben. 2012 wurde er Verteidigungsminister. Seither hat der Kreml Milliarden von US-Dollar in die Modernisierung der Armee investiert. Russland führt Krieg in Syrien und hat in der Ostukraine militärisch eingegriffen.
Als oberster Chef des russischen Militärs scheut Schoigu das Rampenlicht eher. Und wenn er mal öffentlich auftritt, dann in der Pose eines trockenen Apparatschiks.
Kürzlich gab Schoigu der Tageszeitung «Moskovski Komsomolez» überraschend ein ausführliches Interview. Es sei das «erste grosse Interview seit sieben Jahren», sagte er selber. Schoigu präsentiert sich dabei als Macher, als einer, für den das wichtigste sei, seine Ziele zu erreichen.
Die russische Armee, gesteht Schoigu ein, sei früher in einem traurigen Zustand gewesen. Seitdem Putin 1999 aber die Macht übernommen habe, gehe es aufwärts. Überhaupt spricht der Minister mit grösster Hochachtung vom Präsidenten.
Wer folgt 2024 auf Putin?
In dem Zeitungsinterview bezieht der Minister auch ideologisch Stellung. Der Westen, sagt er, wolle Russland zerstören. Und aus dem Kontext wird klar: Nur eine starke Armee kann dies verhindern. Russland als belagerte Festung, von Feinden umgeben: Das ist eine Kernthese des Putinismus. Der Verteidigungsminister ist damit voll auf der Linie seines Chefs.
Das Interview hat grosses Aufsehen erregt. Manche in Moskau haben es als eine Art Bewerbungsrede gesehen. Denn Putin muss gemäss Verfassung 2024 als Präsident abtreten und braucht dann einen Nachfolger. Läuft sich Schoigu da warm? Gesichertes weiss niemand, spekuliert wird viel. Schoigu selber aber lässt sich nicht in die Karten blicken. Er schweigt zu dem Thema.