Es war eine Spende in der Höhe von 1500 Euro, die alles ins Rollen brachte. Sie ist der Staatsanwaltschaft Graz aufgefallen, weil sie höher war als die übrigen Spenden, die aufs Konto des Sprechers der rechtsextremen Identitären Bewegung Österreich eingegangen sind.
Die Spende soll vom mutmasslichen Attentäter stammen, der in Christchurch in Neuseeland 50 Menschen getötet hat. Für Rechtsextremismus-Forscher Andreas Peham ist dieser Zusammenhang wenig erstaunlich.
SRF News: Vertreten der Attentäter von Christchurch und die Identitäre Bewegung eine ähnliche Ideologie?
Andreas Peham: Auf jeden Fall. Beide vertreten eine paranoide Weltsicht, dass die weisse Rasse in Europa oder gar der ganzen Welt vom Untergang bedroht ist; beide sprechen von Überfremdung, Umvolkung oder einem grossen Austausch. Auch bei den Identitären ist ein Kriegsdiskurs zu beobachten, ein Pathos der letzten Chance. Sie sehen sich als die letzten «Bewahrer» eines Europas, das bald untergehen würde.
Warum ist Österreich so attraktiv für einen rechtsextremen Terroristen am anderen Ende der Welt?
Eine ähnliche Beobachtung konnten wir auch bei Anders Breivik machen. Österreich wurde in seinem Manifest am zweithäufigsten erwähnt. Die Erwähnung Österreichs in solchen Zusammenhängen hat zum einen historische Gründe. Stichwort Türkenbelagerung, wo Österreich als Bollwerk des Deutschtums und des christlichen Abendlandes gesehen wird.
Ein gemeinsames Feindbild wie der Islam lässt verfeindete Nationalisten zusammenrücken.
Daneben gibt es auch politisch aktuelle Gründe: Die Avantgarde-Funktion der freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) in den europäischen Netzwerken gegen eine «Islamisierung», wie es genannt wird. Vizekanzler Heinz-Christian Strache ist international in dieser Szene als «Moslem-Hasser» bekannt und gilt als eine Art Symbolfigur. Ebenfalls muss man bedenken, dass das Netzwerk der Identitären hauptsächlich von Österreich ausgeht.
Bundeskanzler Sebastian Kurz sagt, dass es in Österreich keinen Platz für Extremismus, egal aus welcher Ecke, geben dürfe. Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es überhaupt, solche Gruppen zu verbieten?
Das ist sehr schwierig. Soweit ich weiss, wäre das nur nach dem Anti-Terrorparagraphen möglich. Da reicht aber diese Spende alleine noch nicht. Vielleicht konnte aber bei Hausdurchsuchungen bei den Führungskadern mehr gefunden werden. Vor dem aktuellen Hintergrund ist es jedoch schwer, ein Verbot durchzusetzen.
Der Attentäter hat mehreren Organisationen Spenden überwiesen. Rechnen Sie damit, dass wir auch noch von Ermittlungen in anderen europäischen Staaten hören werden?
Ja, unbedingt. Vorallem in Serbien, beziehungsweise der in der Republik Srpska. Hier scheint es noch intensivere Kontakte gegeben zu haben, von der Tat selbst bis zur Musik, die der Täter gehört hatte. Da gibt es viele Bezüge auf serbische Kriegsverbrecher und im jugoslawischen Bürgerkrieg auf anti-muslimische Massaker.
Gewissermassen ein Kreis, der sich schliesst: Vor sieben bis acht Jahren hatte die FPÖ ein Partner- und Freundschaftsabkommen mit der damaligen serbisch-radikalen Partei mit Anführer Vojislav Šešelj abgeschlossen, der gerade in Den Haag gesessen ist. Ein gemeinsames Feindbild wie der Islam lässt verfeindete Nationalisten zusammenrücken. Auch der Christchurch-Attentäter nahm Bezug auf das kriegerische Anti-Muslimische und hatte die Gegend in Südosteuropa bereist. Daher vermute ich dort einen noch stärkeren Zusammenhang als mit den Identitären.
Das Gespräch führte Beat Soltermann.