Das Wichtigste in Kürze
- Gegen 300 Personen in Deutschland befinden sich auf einer Liste des türkischen Geheimdienstes. Sie stehen im Verdacht Anhänger der Gülen-Bewegung zu sein.
- Dabei soll es sich nach Recherchen der «Süddeutschen Zeitung» und der Sender NDR und WDR um die SPD-Abgeordnete Michelle Müntefering handeln. Auch eine Berliner Lokalpolitikerin der CDU sei ausgespäht worden.
- In der Schweiz hat die Bundesanwaltschaft vor wenigen Tagen ein Strafverfahren wegen des Verdachts auf politischen Nachrichtendienst eröffnet.
Die Ehefrau des früheren SPD-Chefs Franz Müntefering sei in der Rubrik «Machtzentren und Nichtregierungsorganisationen» mit angeblich «guten Beziehungen» zur Gülen-Bewegung aufgeführt, berichteten «Süddeutsche Zeitung», NDR und WDR. Das Innenministerium hatte zuvor in der Bundestags-Fragestunde die Recherchen weitgehend bestätigt.
Türkische Agenten stehen im Verdacht, dass sie angebliche Anhänger der Gülen-Bewegung in Deutschland ausspioniert haben. Offenbar in der Hoffnung auf Unterstützung der deutschen Seite hatte der türkische Geheimdienst (MIT) dem Präsidenten des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, im Februar eine Liste mit mehr als 300 Namen überreicht.
Die Gülen-Bewegung wird von der türkischen Regierung für den Putschversuch vom vergangenen Juli verantwortlich gemacht, wofür dem BND aber keine Erkenntnisse vorliegen.
Protest und eindringliche Warnung
Die SPD im Bundestag bestätigte die Bespitzelung ihrer Abgeordneten Michelle Müntefering und protestierte in scharfer Form dagegen. «Das ist absolut unerträglich», erklärte Fraktionschef Thomas Oppermann.
Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière warnte die Türkei ausdrücklich vor weiteren Ausforschungen: «Spionageaktivitäten auf deutschem Boden sind strafbar und werden von uns nicht geduldet.»
Erste Personen, die auf der Liste des türkischen Geheimdienst stehen, wurden von den deutschen Behörden gewarnt. Die eh schon stark angespannten deutsch-türkischen Beziehungen stehen vor der nächsten grossen Zerreissprobe.