Zweifellos: Die Schweiz und die USA sind nähergerückt. Botschafter Martin Dahinden ist stolz auf den lebhaften Austausch während den letzten Monaten. «Der erste Besuch eines Bundespräsidenten im Weissen Haus überhaupt. Zwei Mal Treffen der Aussenminister und eine ganze Reihe Treffen auf Ministerebene – das hat es noch nie gegeben.»
Der Bankenstreit vergiftete die Atmosphäre stärker als allgemein angenommen.
2014, als Dahinden sein Amt in Washington antrat, war alles anders. Der Steuerstreit mit den Schweizer Banken vergiftete die Atmosphäre und bedrohte das Ansehen der Schweiz in der Welt – stärker als allgemein angenommen, so Dahinden: «Die Schweiz ist auch in multilateralen Gremien unter Druck gekommen. Ich habe dort gespürt, was es bedeutet, wenn ein relativ kleines Land unter Druck einer Grossmacht steht.»
Schweizer Banken mussten schliesslich insgesamt rund sechs Milliarden Franken an die USA bezahlen, als Abgeltung für die Steuerhinterziehungen von US-Kunden, die unter dem Deckmantel des Bankgeheimnisses geschahen.
Kontakte auch zum Kongress essenziell
Die Krise zeigte auch auf, dass die diplomatischen Beziehungen in Washington nicht breit genug abgestützt waren, antwortet Dahinden auf die Frage, was er persönlich aus der Krise gelernt habe. In Washington sei es enorm wichtig, nicht nur die Kontakte zur Regierung zu pflegen, sondern auch zum Kongress: «Lehren sind gezogen worden. Wir haben heute ein besseres Instrumentarium, um rechtzeitig und frühzeitig Dinge zu erkennen.»
Doch zunächst hiess es, das Image der Schweiz wieder aufzupolieren. Die Strategie lautete: Bei jeder Gelegenheit betonen, wie potent die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Ländern sind. Die Schweiz ist immerhin der siebtgrösste ausländische Investor in den USA.
Guter Ruf der Schweiz wiederhergestellt
Und gelegen kam auch das rege Interesse der USA an der Schweizer Berufslehre. «Dieser Austausch wird ausserordentlich geschätzt. Das hat schon zwei Mal zur Unterzeichnung eines Memorandums geführt, im vergangenen Dezember auch mit der Trump-Administration. Da haben mich meine Kollegen beneidet. Dass wir gleich drei Minister am Tisch hatten, das ist aussergewöhnlich in Washington.»
Heute sieht Botschafter Dahinden den guten Ruf der Schweiz in den USA wiederhergestellt. Mehr noch: Eine mögliche neue Verhandlungsrunde für ein Freihandelsabkommen wird auf höchster Ebene diskutiert. Die Schweiz erhielt ein neues Schutzmachtmandat der USA für Venezuela. Auch wurde sie soeben von der US-Liste währungsmanipulierender Länder entfernt.
Es ist in gewissem Masse wahrscheinlich ein Vorteil, dass die Schweiz nicht der EU angehört. Das merken wir.
Und nun gibt es sogar Bewegung beim Doppelbesteuerungsabkommen, das seit zehn Jahren im Senat blockiert ist. Die Chemie zwischen der Trump-Regierung und der Schweiz stimme, sagt Dahinden: «Wir vertreten ähnliche Vorstellungen in wirtschaftspolitischen Fragen. Es ist in einem gewissen Masse wahrscheinlich auch ein Vorteil, wenn man nicht der EU angehört. Das merken wir.»
Aber stünde es der Schweiz nicht an, auf etwas mehr Distanz zur umstrittenen Trump-Regierung zu gehen, wie doch einige Stimmen nach dem Besuch von Bundespräsident Ueli Maurer bissig kommentierten? «Ich sehe das nicht so. Herr Maurer ist ins Weisse Haus gekommen und hat die schweizerischen Interessen vertreten. Das hat er sehr gut gemacht und da braucht es keine Distanz.»
Mit Botschafter Martin Dahinden verlässt ein Diplomat Washington, der mit seiner dünkelfreien Art im Haifischteich der US-Hauptstadt Beziehungen kitten konnte.