Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben sich mit dem britischen Premierminister David Cameron auf ein Reformpaket geeinigt, mit dem der Austritt Grossbritanniens aus der EU vermieden werden soll. Beim Deal gibt es fast nur Sieger, wie SRF-Korrespondent Oliver Washington aus Brüssel berichtet.
Osteuropäische Länder müssen Abstriche machen
«Cameron hat weitgehend das erhalten, was er gefordert hat. Und die EU hat ihm so viel gegeben, wie er braucht, dass er das auch glaubwürdig vertreten kann», so Washington. Gleichzeitig habe die EU die eigenen Prinzipien nicht in Frage gestellt, was wichtig sei für Brüssel.
Einzig die osteuropäischen Länder müssten Kröten schlucken: «Denn die Regelung, wonach Grossbritannien die Sozialleistungen für Ausländer für eine beschränkte Zeit streichen kann, betrifft vor allem Einwanderer aus diesen Ländern». Aber offenbar seien sie dazu bereit, wenn sie damit Grossbritannien in der EU behalten könnten.
Der Deal lade jedoch andere EU-Staaten dazu ein, ebenfalls Sonderregelungen zu fordern, meint Washington. Den Anfang machte am Freitag bereits Griechenland. Der griechische Premier Alexis Trsipras wollte den Briten-Deal an Regelungen bei der Flüchtlingsfrage knüpfen. Er forderte, dass die Balkan-Route für Flüchtlinge nicht geschlossen werden darf. Und wenn Camerons Forderungen erfüllt werden, müssten auch diese griechischen Forderungen erfüllt werden. Generell gilt: «Forderungen kann man schon stellen, aber die anderen 27 Mitglieder müssen auch bereit sein, darauf einzugehen», so Washington.
Für die einen Briten ein Erfolg, für die andern Kapitulation
Der zwischen Cameron und der EU ausgehandelte Kompromiss soll die Briten davon überzeugen, bei einem Referendum für den Verbleib in der Europäischen Union zu stimmen. Die neuen Massnahmen stellten jedoch keine gänzlich neue Grundlage für die britische EU-Mitgliedschaft dar, erklärt Grossbritannien-Korrespondent Martin Alioth. Es handle sich um marginale und symbolische Konzessionen.
Die Reaktionen in Grossbritannien fallen denn auch unterschiedlich aus. Für die einen habe Cameron viel erreicht, indem er einen britischen Sonderstatus innerhalb der EU ausgehandelt habe. «Für die anderen hat Cameron kapituliert, von Anfang an viel zu wenig verlangt – und noch etwas weniger erhalten», erklärt Alioth.
Cameron hat seine Minister am Samstagvormittag in einer Kabinetts-Sondersitzung über den EU-Deal unterrichtet. Nach der Sondersitzung gab er das Datum für das Referendum bekannt: Am 23. Juni können die Briten über den Verbleib in der EU abstimmen.