Weniger Sozialleistungen für europäische Zuwanderer, mehr Abstand zur EU: Grossbritanniens Premier David Cameron hat am EU-Gipfel gewünschte Zugeständnisse bekommen, um sein Land in der Union zu halten. Die EU-Staats- und Regierungschefs beschlossen am Freitagabend in Brüssel einstimmig das lange umstrittene Reformpaket.
«Die Einigung ist gut, die Einigung ist juristisch solide, die Einigung ist im hohen Masse ausgeglichen», bilanzierte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker nach einem zweitägigen Verhandlungsmarathon.
Cameron sagte, er werde seinen Landsleuten ans Herz legen, bei dem geplanten Referendum über den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der EU mit Ja zu stimmen. Sein Land werde aber seinen Sonderweg weitergehen: «Grossbritannien wird nie Teil eines europäischen Superstaates sein.» Auch die Euro-Währung solle nicht eingeführt werden.
Heftige Kritik an Cameron
Der britische Premier will seine Landsleute möglicherweise schon im Juni abstimmen lassen. Falls die Abstimmung scheitert, kommt der vielen EU-Partnern befürchtete Brexit.
In Grossbritannien wird die Einigung mit der EU unterschiedlich aufgenommen. Die einen werten sie als Erfolg für Premier Cameron. Andre kritisieren, er habe zu wenig gefordert, und noch weniger von der EU zugestanden bekommen.
EU-Gegner in London griffen Premierminister Cameron an: Die Vereinbarung sei «nicht das Papier wert, auf der sie geschrieben ist», sagte Nigel Farage von der rechtspopulistischen UKIP. Laut britischen Medien wollen sich mndstens vier seiner Minister gegen Cameron stellen und beim geplanten Referendum für einen EU-Austritt werben. Darunter sei auch Justizminister Michael Gove, ein bisheriger enger Vertrauter Camerons.
Die wichtigsten Abmachungen im Überblick
Um die Details der Reformen, die den Brexit verhindern sollen, wurde am EU-Gipfel in Brüssel mehr als 18 Stunden lang gerungen:
Grossbritannien soll nicht dazu verpflichtet werden, jeden Integrationsschritt in der EU mitmachen zu müssen. Bei einer künftigen Änderung der EU-Verträge soll sein Recht
verankert werden, die Vertiefung nicht mitmachen zu müssen.
- Nationale Parlamente sollen ein stärkeres Mitspracherecht haben und EU-Gesetze kassieren oder Änderungen verlangen können, wenn sie insgesamt mehr als 55 Prozent der für die Parlamente vorgesehenen Stimmen repräsentieren.
- Mit der von Grossbritannien geforderten «Notbremse» sollen EU-Ausländer für vier Jahre von den Sozialleistungen ausgeschlossen werden können. Die «Notbremse» selbst darf für insgesamt sieben Jahre aktiviert werden, wenn eine Überlastung des Sozialsystems eines EU-Staates festgestellt wird. Zudem soll die Zahlung von Kindergeld an die wirtschaftliche Situation des EU-Herkunftlandes gekoppelt werden.